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Drei Bundesländer, ein ver.di-Landesbezirk, ein Leiter: Oliver GreieFoto: ver.di

ver.di publikWir blicken auf ein ungewöhnliches Jahr zurück. Was fällt Dir spontan dazu ein?

Oliver Greie – Es war aus meiner Sicht ein außergewöhnliches Jahr. Ich stimme denen zu, die es als die größte Herausforderung in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik bezeichnen.

ver.di publikWoran denkst Du dabei in erster Linie?

Greie – Ich erinnere mich an den Anstieg der Infektionszahlen im Zeitraum März, April, also in der ersten Welle, an die sprunghaft steigende Auslastung der Intensivbetten seit Mitte September und natürlich sehe ich mit besonderer Besorgnis das Anwachsen der Todesfälle seit Mitte Oktober.

ver.di publikHätte man eher gegensteuern müssen?

Greie – Keiner hatte damals eine Vorstellung über die rasante Ausbreitung von Covid 19. Und keiner hatte ein Drehbuch zur Hand, wusste, was man in einer solchen Situation machen muss. Alle von der Politik getroffenen Entscheidungen muss man deshalb rückblickend unter diesen Vorbehalt stellen.

ver.di publikWir hatten in den vergangenen Monaten unterschiedliche "Lockdown-Phasen". Waren die Auswirkungen auch im gewerkschaftlichen Alltag zu spüren?

Greie – Absolut. Wir mussten neue Methoden in unserem Arbeitsalltag einsetzen: mobiles Arbeiten, Video- und Telefonkonferenzen, Hygienekonzepte und vieles andere mehr. Das wirkt natürlich nach. Unsere technische Ausstattung wird schrittweise den neuen Erfordernissen gerecht. Das war und ist ein finanzieller Kraftakt. Unsere Mitarbeiter*innen mussten sich in kurzer Zeit umstellen, "learning by doing" war und ist das Gebot der Stunde.

ver.di publikWelche Auswirkungen hat das für unsere Mitglieder, auf Betriebs- und Dienststellenbesuche, auf die Tarifarbeit und die Mitgliederwerbung?

Greie – Die Auswirkungen sind gravierend. Der persönliche Kontakt war weitestgehend ausgeschlossen, innerbetriebliche Veranstaltungen fielen ersatzlos aus. Unsere Beratungstätigkeit fand überwiegend digital statt. Tarifpolitisch waren wir trotzdem aktiv. Mehr als 130 Tarifverträge sind 2020 im Landesbezirk erfolgreich verhandelt worden. Bundesweit erzielten wir bei der Deutschen Post, bei den Telekom-Töchtern und im öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen respektable Abschlüsse.

Eingeschränkte Aktionsmöglichkeiten konnten wir mit sehr vielen kreativen Auftritten ausgleichen – die Mitgliederwerbung war allerdings eine extreme Herausforderung. Auch hier wurde die digitale Ansprache weiterentwickelt. Trotz allem werden wir unsere Prognosen und Planzahlen für die Mitglieder- und Beitragsentwicklung in diesem Jahr nicht erreichen können.

ver.di publikWas erwartet uns im kommenden Jahr, gibt es besondere Schwerpunkte?

Greie – Natürlich. Aber alles wird auch weiter von der Pandemie beeinflusst werden, darüber sollten wir uns im Klaren sein. Im Vorfeld der Landtagswahlen in Thüringen und in Sachsen-Anhalt werden wir uns intensiv mit den Wahlprogrammen befassen, um unsere Themen gezielt platzieren zu können. Vergabegesetze, Ladenöffnungszeiten, Pflegeschlüssel und Bildungsfreistellung sind Stichworte, die mir hierzu sofort einfallen. Tarifarbeit bleibt unser Kerngeschäft. Hier werden wir im kommenden Jahr noch eine Schippe drauflegen, vorausgesetzt, die Lage normalisiert sich wieder. Intern werden wir weiter am Projekt "ver.di wächst" arbeiten und die Fachbereiche schrittweise in die neuen Strukturen überführen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich wünsche euch im Namen meiner Stellvertreterinnen Kerstin Raue und Ines Kuche sowie der Vorsitzenden des Landesbezirksvorstandes, Bettina Mandaus, einen erholsamen und schönen Jahresausklang. Vor allem aber: Bleibt gesund!

Oliver Greie, Leiter des ver.di-Landesbezirks Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen