Ausgabe 01/2021
Mit Methode gegen Betriebsräte
Das Jahr 2021 beginnt für zahlreiche Beschäftigte in vielen Branchen und Bereichen mit keinen guten Zukunftsaussichten, hält doch die andauernde Pandemie die Unternehmen in Atem. Die letzten Monate haben dabei auch gezeigt, wie wichtig die Betriebsratsgremien für die Beschäftigten und für die Unternehmen sind.
Daher ist es unverständlich, warum in der Region Stuttgart einige Unternehmen massiv versuchen, gegen Betriebsräte vorzugehen und ihre Arbeit zu behindern. Leider hat dieses Vorgehen in den meisten Fällen auch Methode. Damit versuchen sie, aktive Betriebsräte und Gewerkschafter*innen zu zermürben und sie davon abzubringen, etwas für die Beschäftigten durchzusetzen.
Den heftigsten Aufschlag zu Beginn des neuen Jahres machen zwei Unternehmen der Securitas. Das Unternehmen Securitas Aviation am Flughafen Stuttgart hat versucht, dem Betriebsratsvorsitzenden fristlos zu kündigen. Da das Betriebsratsgremium einer fristlosen Kündigung nicht zugestimmt hat, will der Arbeitgeber jetzt die Zustimmung des Gremiums durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen.
Für eine fristlose Kündigung müssen erhebliche Verstöße belegt werden. Um solche Verstöße zu finden, ist der Betriebsratsvorsitzende monatelang von einem Privatdetektiv überwacht worden. Die Persönlichkeitsrechte des Kollegen wurden dabei mit Füßen getreten. Gefunden hat man scheinbar nichts, denn schlussendlich hat der Arbeitgeber seinen Kündigungsversuch mit dem Nebenjob des Kollegen begründet. Über diese Nebentätigkeit war der Arbeitgeber jedoch nachweislich in der Vergangenheit informiert und hatte keine Einwände vorgetragen, sagt der zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretär Jan Bleckert.
In einem weiteren Unternehmen der Securitas Sicherheitsdienstleistungen wurde dem aktiven Betriebsratsvorsitzenden gleich zu Beginn des neuen Jahres mit einer Amtsenthebung wegen grober Pflichtverletzung gedroht. In einem Schreiben hatte ihm die Rechtsabteilung der Securitas mitgeteilt, dass gegen ihn ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werde, sollte der Betriebsrat die Amtsenthebung eines Kollegen, der tatsächlich seine Pflichten verletzt hatte, beschließen. ver.di sieht darin eine Aufforderung an den Kollegen, selbst eine gesetzliche Pflichtverletzung zu begehen. "Es ist erschreckend, mit welchen Methoden bei Securitas die Interessensvertretungen unter Druck gesetzt werden", sagt Jan Bleckert.
Das Unternehmen WISAG Sicherheit & Service Süd reiht sich in diese traurige Reihe ebenfalls ein. Hier hat die Geschäftsführung kurz vor Weihnachten 2020 und zu Beginn des neuen Jahres kurzerhand die Mehrheit der Mitglieder des Betriebsratsgremiums mit Abmahnungen überzogen. Als Grund wird immer wieder der Verstoß gegen die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten der Betriebsratsmitglieder angeführt.
Als ein Beispiel dafür nennt Bleckert zwei Abmahnungen, die dem stellvertretenden Vorsitzenden erteilt wurden, weil er an einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht teilgenommen hat, zu der er mit seinem eigenen PKW gefahren ist. Angeblich hatte er sich dafür nicht beim Arbeitgeber an- und abgemeldet. Allerdings hatte der stellvertretende Vorsitzende als Mitglied der ver.di-Tarifkommission an diesem Tag an der Sitzung der Kommission im Stuttgarter Gewerkschaftshaus teilgenommen. Darüber hatte er den Arbeitgeber informiert und ihm ebenfalls gesagt, dass er dorthin mit dem eigenen Auto fährt. Zu der Gerichtsverhandlung ist der Kollege in seiner Mittagspause gegangen, denn Gewerkschaftshaus und Arbeitsgericht liegen nicht weit auseinander.
Allerdings hatte der Kollege bereits im November 2020 Probleme mit der Freistellung zu einer Sitzung der Tarifkommission, im Dezember 2020 wurde ihm für die Sitzungszeit der Kommission kein Lohn gezahlt. "Hier wird systematisch durch die Geschäftsführung versucht, die Mehrheit der Betriebsratsmitglieder und aktiven Gewerkschafter zu zermürben", vermutet Jan Bleckert.
Ein weiteres Beispiel: Kötter Security ist nicht bereit, die Kündigung einer Betriebsratskollegin zurückzunehmen Die Kollegin hatte die erste Betriebsratswahl in der Niederlassung Stuttgart eingeleitet. Das Verfahren im Kündigungsschutzprozess ist noch nicht abgeschlossen.
In allen Fällen werden die Betriebsratsgremien und die betroffenen Mitglieder von ver.di unterstützt. "Diese Machenschaften der Unternehmen müssen ins Licht der Öffentlichkeit, und es muss endlich auch mal Konsequenzen für die handelenden Personen haben", fordert Bleckert. Für ihn ist die betriebliche Demokratie in immer mehr Betrieben bedroht. Diesen Entwicklungen müssten breite kollektive, demokratische und solidarische Belegschaften zusammen mit einer starken Gewerkschaft wie ver.di Einhalt gebieten.