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Die ver.di-Mitglieder des GPR; in der oberen Reihe (von links): Claudia Ahnert, Stefan Hiebner, Karen Zipfel, Michael Malter; mittlere Reihe (v.li.): Anett Löffler, Ronny Kupke, Heiko Quendt, Kerstin Kleingünther; untere Reihe (v.li): Daniel Weller, Wolfgang Zentgraf, Nicole Ebersbach, Steffen Wieland, Jürgen GeißlerFoto: AOK Plus

Als im März 2020 aufgrund der Corona-Krise das öffentliche Leben zurückgefahren, Kitas, Schulen und Pflege- und Betreuungseinrichtungen geschlossen wurden, war es für viele Beschäftigte problematisch, berufliche Aufgaben und familiäre Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Kinderbetreuung, Lernen zu Hause und auch die Betreuung von pflegebedürftigen Angehörigen, das musste jetzt parallel zu den beruflichen Aufgaben bewältigt werden. Besondere Situationen erfordern besondere Vereinbarungen, sagten sich Personalrätin Kerstin Kleingünther, der Vorsitzende des Gesamtpersonalrats, Ronny Kupke, und weitere Mitglieder des Gremiums und entwickelten die Idee für einen "Stundentopf". Von der Machbarkeit und Notwendigkeit mussten sie zwar zuerst Beschäftigte und Arbeitgeber überzeugen, doch schließlich kam die Vereinbarung zwischen Personalrat und AOK-PLUS-Vorstand zustande und wurde sogar vom Bund-Verlag mit dem Deutschen Personalrätepreis 2020 in Bronze ausgezeichnet.

Tausende Stunden im Spendentopf

Das Thema Teambildung hatte für den Personalrat schon immer einen hohen Stellenwert. Eine Dienstvereinbarung regelt unter anderem, dass allen Mitarbeiter*innen im Jahr vier Stunden bezahlte Zeit zur Verfügung stehen, um an teambildenden Aktionen und Veranstaltungen teilnehmen zu können. Und da setzte die Idee der Personalräte an: Die Beschäftigten sind untereinander solidarisch, und so gibt jede*r zwei der "Teambildungs-Stunden" in einen Spendentopf. Bei 7.000 Beschäftigten kommen da 14.000 Stunden zusammen. Die Idee führte zu einer befristeten Änderung der Dienstvereinbarung.

Alle Beschäftigten der AOK PLUS – die Gesundheitskasse für Sachsen und Thüringen – bekamen in 2020 zwei Stunden für die Teambildung, weitere zwei Stunden gingen in den Spendentopf. Der Arbeitgeber selbst stellte nochmals pro Mitarbeiter*in eine weitere Stunde in den Spendentopf ein und legte damit weitere 7.000 Stunden obendrauf. Davon profitieren Beschäftigte mit Kindern bis zu zwölf Jahren, mit schwerbehinderten Kindern oder mit pflegebedürftigen Angehörigen, die wegen geschlossener Einrichtungen die Betreuung zu Hause sicherstellen müssen. Maximal 80 Stunden standen pro Mitarbeiter*in zur Verfügung, wenn er/sie wegen familiärer Betreuungsverpflichtungen die vereinbarte Arbeitszeit nicht erreichen konnte. Für Alleinerziehende wurden 120 Stunden vereinbart. Zudem wurde es Beschäftigten ermöglicht, eins zu eins zusätzliche Stunden an Betroffene zu übertragen – ganz solidarisch. Die Dienstvereinbarung wurde zwar nur für 2020 geändert, da aber noch Stunden im "Spendentopf" sind, können auch weiterhin Stunden beantragt werden und – wie es derzeit gehandhabt wird – können auch weiterhin Stunden gespendet werden.

Plus im Miteinander

Auf das erzielte Ergebnis sind die Personalräte stolz: "Es war nicht unbedingt zu erwarten, dass insbesondere die 1:1-Spenden in einem derart großen Umfang erfolgen ", sagt Kerstin Kleingünther. Die gelernte Krankenkassenfachwirtin und engagierte ver.di-Frau ist seit 1998 Personalrätin. "Die Welt retten geht nicht", sagt sie, aber es lohne sich, auch kleine Veränderungen anzustoßen, Millimeterarbeit, um vielleicht Größeres zu erreichen. "Dass es dabei nicht möglich ist, jedem immer alles recht zu machen, muss man aushalten." So gab es zur geänderten Dienstvereinbarung auch kritische Stimmen aus der Belegschaft.

Die Resonanz bei den Kolleginnen und Kollegen, die Stunden aus dem Spendentopf nutzen können oder eine 1:1-Spende erhalten haben, ist groß. Sie seien beeindruckt und berührt, wie solidarisch die Belegschaft sich untereinander zeigt, sagt Kerstin Kleingünther. Und so wurde aus der Zeitspende für Kolleg*innen auch ein Plus im Miteinander – und dafür gab es den Personalrätepreis des Bund-Verlages. Btr.