Ausgabe 05/2021
Das Fotoprojekt
Die jungen Fotograf*innen haben junge Menschen in Ausbildung getroffen, die sich in den Jugend- und Auszubildendenvertretungen ihrer Betriebe und in der ver.di Jugend engagieren. Für die Auszubildenden des Lette Vereins stand im Fokus des Projekts auch der Austausch über soziale und politische Themen mit einem Gegenüber im eigenen Alter. Gefragt haben wir die Porträtierten deshalb, was junge Menschen wie sie im Jahr der Bundestagswahl von der Politik erwarten.
Ich bin Liza, 22 Jahre alt, und im 3. Ausbildungsjahr als Zierpflanzengärtnerin.
Eigentlich bin ich Hundetrainerin, die jetzige Ausbildung mache ich nebenberuflich im Botanischen Garten. Ich will etwas machen, was mich erfüllt. Ich möchte etwas machen, wo ich gerne zur Arbeit gehe, wo ich nicht nach der Arbeit fertig zu Hause sitze, sondern, wo ich jeden Tag immer wieder gerne hingehe, jeden Tag was Neues lerne und mich weiterentwickeln kann.
Zum Thema Politik habe ich eine sehr radikale Meinung. Ich ordne mich im linken Spektrum ein. Ich gehe wählen, ich finde das wichtig, ich finde, nicht wählen gehen, ist keine Lösung. Ich setze aber trotzdem keine großen Hoffnungen in die Wahlen allgemein, weil die letzten Jahre gezeigt haben, und das ganze System sehr häufig bewiesen hat, dass im Prinzip nur ein Austausch von vermeintlichen Repräsentanten stattfindet und sich im Endeffekt nichts ändert.
Relevante Themen sind für mich an erster Stelle der Klimaschutz, die Außenpolitik ist für mich wahnsinnig wichtig, gerade im Hinblick auf die Flüchtlingsproblematik. Europa darf keine Festung bleiben. Wichtig ist mir auch die Gesundheitspolitik, vor allem die Unterstützung der Arbeitslosen, Mutterschutz, Integration – also die soziale Sicherung. Und auch mit Bezug auf die starke psychische Belastung, die hohen Depressionsraten in meiner Generation. Während der Corona-Krise hieß es „oh nein, die Kinder“, jetzt flacht es langsam ab, und wir sind schon wieder egal.
Ich heiße Ferhat, bin 20 Jahre alt und im 2. Ausbildungsjahr als Industriemechaniker bei den Berliner Verkehrsbetrieben.
Ich möchte nach der Ausbildung auf jeden Fall bei der BVG weiterarbeiten.
Als erstes gehe ich zur Wahl, weil ich damit mein Recht, ein gutes Recht, das wir in diesem demokratischen Land haben, wahrnehme. Ich bin jemand, der gern auf die gesamte Lage des „kleinen Fußvolks“ schaut. Und da wäre für mich wichtig, dass man in Sachen Digitalisierung, Kommunikation und Arbeitswesen viel mehr schafft. Würde Digitalisierung schneller gefördert, würde es schneller mit der Infrastruktur weitergehen. Gerade Corona hat gezeigt, dass viele Sachen nicht so laufen, wie sie laufen könnten.
Ich wohne in Berlin-Wedding. Wer den Bezirk kennt, weiß, wie es dort so auf den Straßen abläuft im Vergleich zu anderen Bezirken. Hier müsste man vieles fördern in Sachen Migration. Bildung ist sehr wichtig und Chancengleichheit – egal ob für Mann, Frau oder divers.
Ich bin Mika, 22, und ab September im 3. Ausbildungsjahr als Gesundheits- und Krankenpfleger.
Wo es mich nach meiner Ausbildung hinzieht, ist eine große Frage, die mich beschäftigt. Ich kann mir aufgrund der momentanen Arbeitsbedingungen nicht wirklich vorstellen, den Job dauerhaft zu machen. Ich überlege, noch zu studieren.
Warum gehe ich zur Bundestagswahl? Zunächst halte ich es für keine Option, nicht zur Wahl zu gehen, so als Protestaktion, weil man ja dann doch nur die Parteien mit den meisten Stimmen stärkt. Gerade auf meinen Beruf bezogen sehe ich schon, dass die Parteien, die jetzt momentan die Regierung stellen, meiner Meinung nach nicht adäquat dafür sorgen, dass wir gute Bedingungen haben, diesen Beruf auszuüben. Und gerade darauf bezogen, ist es das wichtigste Instrument, um Veränderungen zu bewirken, wählen zu gehen. Und wo zusätzlich noch AfD und Co erstarken, finde ich es umso wichtiger, wählen zu gehen, um dafür zu sorgen, dass sie nicht mehr werden. Sie profitieren von den auch jungen Nichtwählern.
Soziale Gerechtigkeit ist für mich ein sehr, sehr wichtiges Thema. Soziale Sicherung und möglichst keine weitere Ausbreitung der Schere zwischen Arm und Reich. Für mich ist es auch wichtig, wie unser Gesundheitssystem funktionieren soll. Umweltpolitik ist mir auf jeden Fall auch wichtig, gerade als junger Mensch, denn ich muss ja noch eine Weile auf dieser Welt leben.
Ich bin Josephin, 21 Jahre alt und mache eine Ausbildung als medizinische Fachangestellte im 3.Ausbildungsjahr.
Dadurch, dass ich in der Jugendausbildungsvertretung tätig bin, werde ich auch übernommen.
Warum ich zur Wahl gehe? Das ist eine gute Frage. Wenn man nicht hingeht, dann kann man auch nichts bewegen, dann verändert sich nichts. Das ist wie Stillstand.
Wichtig ist für mich das Thema Umwelt, wie es da weitergeht. Ob wirklich irgendwann gesagt wird, in einem Haushalt dürfen nur noch so und so viele Autos benutzt werden. Aber es ist schwierig, so etwa umzusetzen. Ich komme aus einem kleinen Dorf. Ohne Bus bin ich aufgeschmissen. Ich habe mit 16 meinen Motorradführerschein gemacht. Wenn ich das jetzt nicht mehr fahren dürfte – im Winter wäre ich da wahrscheinlich eingegangen. E-Autos sind unnormal teuer, das sind ja wirklich Luxusgüter, keine Alltagsgüter mehr. Erst mal muss deshalb der ÖPNV ausgebaut werden.
Das Thema Ausbildung ist mir auch wichtig. Die ganzen Parteiprogramme sind immer so gefühlt 90 Seiten lang, aber ich weiß nicht, ob da etwas dazu drin ist. Es waren ja in diesem Jahr so wenig Bewerbungen wie noch nie, es sind so viele Azubistellen frei. Man könnte in den Schulen vielleicht mehr Pflichtpraktika oder irgendwelche Überbrückungsjahre anbieten.
Ich bin der Sasha und gerade 19 Jahre alt geworden. Ich mache eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter und bin im 3. Ausbildungsjahr.
Ich würde gerne im Bürgeramt bleiben, wo ich gerade im Praxisjahr eingesetzt bin. Das macht mir Spaß. Generell der Kontakt mit Menschen, mit Bürgerinnen und Bürgern. Ich bin ein kommunikativer Mensch, dementsprechend ist es ganz cool, wenn man Menschen – wenn auch nur begrenzt – helfen kann.
Bei ver.di mache ich auch viel. Ich setze mich aktiv ein für bessere Ausbildungsbedingungen, für bessere Arbeitsbedingungen. Ich finde es ist ein gesellschaftliches Problem, dass junge Menschen immer zurückhaltender werden und unsere Meinung nicht immer gewertschätzt und respektiert wird.
Auf jeden Fall gehe ich wählen. In diesem Jahr ist die Digitalisierung der Behörden ein großes Thema, dass man da etwas verändert, Digitalisierungsprozesse anstößt. Strukturen müssen angepasst werden. Soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit sind megawichtig vor allem mit Blick auf Bildung. Und natürlich auch der Klimaschutz.
Es ist unglaublich wichtig, seine Stimme zu nutzen. Wir leben in einer Demokratie, und es gibt Länder, wo man nicht wählen, seine Stimme nicht abgeben kann. Wenn man seine Stimme nicht nutzt, kann man nichts verändern. Wir legen jetzt gerade den Grundstein für unsere Zukunft. Es ist unglaublich fatal, wenn man da nicht dabei ist.
Bildergalerie
Hier haben wir weitere Fotos aus dem Projekt zu den einzelnen Porträtierten zusammengestellt.