07_H_und_M.jpg
H&M-Filialen sind in vielen Innenstädten zu finden – nochFoto: Karmann/picture alliance/dpa

Nürnberg – H&M behindert in der Filiale Karolinenstraße in Nürnberg die Arbeit der Betriebsrät*innen und setzt sie mit dem Entzug von Zulagen unter Druck. Der Betriebsrat setzt sich engagiert für den Erhalt der Arbeitsplätze im Store ein. Die aktuelle Maßnahme werten die Mitglieder des Betriebsrats als gezielte Behinderung ihrer Arbeit, sie haben Strafanzeige gestellt.

Ausgang des Konflikts ist die Ankündigung der Modekette von Anfang des Jahres, über ein angebliches Freiwilligenprogramm massiv Personal abbauen zu wollen. Für den Store in der Karolinenstraße sollte das über die Einsparung von pauschal 2.400 Arbeitsstunden erfolgen, was 28 Prozent der Gesamtstunden entspricht. "Der Abbau war für das ganze Haus berechnet worden, gehen sollten aber ausschließlich Beschäftigte im Verkauf und Lager und dort möglichst in der Frühschicht von 6 bis 15 Uhr, jedoch keine Führungskräfte, Verwaltungsangestellten oder Gestalter*innen für visuelles Marketing", erläutert Betriebsrätin Susanne Jensen die Unternehmensvorgaben.

Die sogenannten freiwilligen Entlassungen hätten vor allem Mütter, Väter, ältere Beschäftigte und Beschäftigte mit Behinderung getroffen. "Das haben wir in unserer Filiale einstimmig abgelehnt, weil das eine Diskriminierung bedeutet hätte." Inzwischen seien 17 Beschäftigte freiwillig gegangen und hätten sich eine andere Stelle gesucht, weil sie in der Filiale keine Zukunft mehr für sich gesehen haben und um ihre Entlassung fürchteten, berichtet Jensen.

"Dem Freiwilligenprogramm konnten wir nicht zustimmen. Wenn es einen Stellenabbau geben kann, dann nur mit Sozialplan und Interessenausgleich, der mit uns verhandelt wird, und ohne Diskriminierung", sagt die Betriebsrätin und betont: "Es ist unsere Aufgabe, uns schützend vor die Kolleginnen und Kollegen zu stellen. Dafür wurden wir gewählt." Der Stellenabbau sei im Dezember angekündigt worden, doch bis heute hätte der Betriebsrat keine Details dazu erhalten.

Der Versuch der Einschüchterung

Der Arbeitgeber hat offenbar andere Pläne: Kurz nach Ablehnung des Freiwilligenprogramms entzog er drei Betriebsrätinnen ihre bisherigen Zusatzaufgaben. Zwei dieser Aufgaben waren mit zusätzlichen Zulagen vergütet worden. Das betraf eine Erstverkäuferin mit Schlüsselgewalt, Tresorzugang und Zuständigkeit für Kundenbeschwerden sowie eine Vertreterin für die Kasse, die mit dem Erstellen der Tagesabrechnungen vertraut ist. Die Aufgabe einer dritten Betriebsrätin als Sicherheitsbeauftragte unter anderem für den Brandschutz war zulagenfrei. "Auffällig ist, dass der Entzug der Aufgaben und Zulagen für uns alle zum selben Zeitpunkt kam. Das werten wir als Einschüchterungsversuch. Doch wir lassen uns nicht unter Druck setzen", sagt Jensen.

Unterstützung bekommen die Betriebsrät*innen längst von ver.di. "Nach unserer Auffassung ist das ein klares Zeichen von Betriebsratsbehinderung", sagt Jaana Hampel, zuständige ver.di-Gewerkschaftssekretärin in Mittelfranken. "Das ist eine miese Praktik, Betriebsrät*innen für ihr Engagement zu bestrafen." Noch dazu sei das ein Straftatbestand nach Paragraf 119 Betriebsverfassungsgesetz und Paragraf 194 Strafgesetzbuch. Der Vorgang liegt jetzt bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Inzwischen habe auch der Staatsanwalt schon angerufen und möchte sich den Fall anhören. "Betriebsrät*innen müssen sich für ihre Kolleg*innen einsetzen können, ohne Angst vor persönlicher Bestrafung fürchten zu müssen", sagt Hampel.

"Das ist eine miese Praktik, Betriebsrät*innen für ihr Engagement zu bestrafen."
Jaana Hampel, ver.di-Gewerkschaftssekretärin in Mittelfranken

Die Betriebsrät*innen in der Karolinenstraße werden weiter für den Erhalt der Arbeitsplätze kämpfen. "Jetzt erst recht", sagt Suanne Jensen. Trotzdem sei zu spüren, dass manche Mitarbeiter*innen bereits eingeschüchtert sind. In der aktuellen Tarifrunde Handel ließen sich im Store weniger Beschäftigte für Streiks mobilisieren als sonst.

ver.di hat ungeachtet dessen H&M schon vor geraumer Zeit aufgefordert, zusätzlich auch einen Digitalisierungstarifvertrag zu verhandeln, der Strategien beinhalten soll, wie die Modekette die Digitalisierung mit und nicht gegen die Beschäftigten umsetzen kann. Ein unfaires Freiwilligenprogramm ist in jedem Fall der falsche Weg und das Behindern von Betriebsräten eine Straftat.