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Das ist ja wohl der Gipfel! Und was gibt’s heute als Belohnung zu (fr)essen?Foto: Petra Welzel

Nach 17 Jahren ist es wieder so weit. Ich fahre in den Urlaub und muss nicht daran denken, ob genug zu essen für die Fahrt dabei ist, die Zugplätze mit Tisch reserviert sind oder der Zielort kind- oder jugendgerecht ist. Das Kind, das inzwischen zum Pubertier herangewachsen ist, reist nicht mehr mit. Nur noch der Hund. Der weicht mir schon beim Packen nicht von der Seite. Er macht alles mit, was ich mache. Ganz im Gegenteil zum Kind, dass immer irgendetwas zu meckern hat, zu diesem oder jenem keine Lust hat und – wenn wir uns dann auf eine gemeinsame Unternehmung verständigt haben – gefühlt Stunden benötigt, bis es in die Schuhe kommt. Und dann ist auch schon der halbe Tag rum.

Doch jetzt geht es los. Mit einem kleinen Rucksack, einem Koffer und dem Hund an der Leine. Im Zug rollt er sich gemütlich unter meinem Sitz zusammen, und ich kann lesen, stundenlang, ohne unterbrochen zu werden. Nur zum Umsteigen klappe ich mein Buch zu, um es im nächsten Zug nach einer kleinen Gassi-Pause wieder aufzuschlagen. Der Hund und ich fahren ins Allgäu, und mit jedem Umstieg wird die Landschaft grüner, bergiger und die Luft frischer.

Am Zielort angekommen, stelle ich nur das Gepäck ab, schon zieht es uns entlang frisch gemähter Heuwiesen in den nahe gelegenen Wald. Die Wanderschuhe habe ich bereits den ganzen Tag über an und ich werde sie in den kommenden drei Wochen nur noch zum Schlafen- und Badengehen ausziehen. Nichts, nicht einmal der Regen hält uns davon ab, das Allgäu zu erobern. Stundenlang sind wir jeden Tag auf den Beinen. Mal wandern wir weit, von Irsee bis nach Bad Wörishofen hin und zurück mit einer Runde durch den Kneippschen Kurpark. Am Ende haben wir fast einen Marathon zurückgelegt. Mal geht's in die Höhe wie bei Nesselwang auf die Alpspitz und den Edelsberg.

Manches Mal denke ich an das Kind, als es noch mit auf die Berge gestiegen ist und immer zuerst am Gipfelkreuz sein wollte. Das ist verdammt lang her. Jetzt ist der Hund froh, dass ich eine Pause einlege, um die Aussicht zu genießen, den weiten Blick ins Tal und am Horizont auf die Alpen. Nach 1.000 zurückgelegten Höhenmetern über Stock und Stein brauchen auch die Pfoten mal eine Auszeit.

Lesen, bis die Augen zuklappen

Abends in unserer Ferienwohnung koche ich nur, worauf ich Lust und Appetit habe. Kein Feilschen darum, ob es wieder Nudeln oder doch lieber Nudeln geben sollte. Nudeln gehen ja immer, aber mit Kind gehen sie einem auch mal über. Und anschließend kann ich einfach lesen, bis mir die Augen zuklappen. Und am andern Morgen aufstehen, wann es mir gefällt. Nicht einmal der Hund meldet sich. Der wartet, bis ich mich rühre. Und wer weiß, auf welchen Gipfel es heute geht?

Urlaub ohne Kind ist vor allem eins: entspannend. So wie Urlaub sein sollte. Zugegeben: Irgendwie fehlt nach 17 Jahren eingespielter Praxis auch das gemeinsame Entdecken von Pflanzen, Tieren, Läden und Büdchen, das Gespräch, tatsächlich auch der kleine tägliche Streit und das Kuscheln. Gut, dass der Hund dabei ist, sich jeden Abend an mich ranrobbt und mir die müden Füße wärmt.