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Oliver Berg/dpa

Titel "Wer Streiks provoziert, bekommt sie", ver.di publik 7_21

Jedes Mal dasselbe Szenario und Theater, das die Arbeitgeber aufführen, wenn es um die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst geht. Und dieses Mal ist es noch ärgerlicher, weil es wenig Wertschätzung gibt für die Leistungen, die gerade der Öffentliche Dienst in der Pandemie leisten musste und noch leisten muss. Dazu gesellt sich nun noch die enorme Teuerungsrate bei Öl-, Gas- und Strompreisen.

Die öffentlichen Arbeitgeber sollten endlich begreifen, dass es so nicht weitergehen kann

und dass der gesamte Service in Behörden, Kitas und Schulen darunter leiden wird, wenn man nicht endlich vernünftige Gehälter zahlt, von denen man gerade in Ballungszentren, wo die Mieten noch erheblich ansteigen, auch leben kann! Und die Gewerkschaft ver.di darf sich nicht wieder über den Tisch ziehen lassen. Hier ist ein harter Kurs angesagt, der nicht nur vernünftige Gehaltserhöhungen zum Inhalt haben muss, sondern auch keine langen Tarifvertragszeiten mehr, wie in der Vergangenheit oft geschehen. Thomas Henschke, per E-Mail

Thema "Von Hamburg in den Krieg", ver.di publik 7_21

Dieser Artikel lässt mich als ver.di-Mitglied in Teilen völlig fassungslos zurück. Von den beiden ver.di-Kollegen, die sich in der "Volksinitiative gegen Rüstungsexporte" engagieren, sind da einige Zitate zu lesen, die mit dem Begriff "Geschichtsklitterung" nur unzureichend beschrieben werden können. "Der Westen führt eine Konfrontationspolitik gegen China und Russland" ist da zu lesen. Oder: "Nach dem Zusammenbruch des Ostens habe der Westen einen völkerrechtswidrigen Krieg nach dem anderen geführt. Den zweiten Irak-Krieg, den Krieg gegen Jugoslawien und natürlich den Afghanistan-Krieg."

China gilt als einer der größten Menschenrechtsverletzer dieses Planeten. Dabei geht es nicht nur um die Unterdrückung der Uiguren, sondern um die Repressalien gegen die gesamte Bevölkerung. Ich nenne nur das Massaker auf dem Tian'anmen-Platz oder die Unterdrückung der Demokratie in Hongkong. Und was ist mit den – völkerrechtswidrigen – Expansionsbestrebungen im südchinesischen Meer, die den Interessen aller dortigen Anrainer-Staaten völlig zuwiderlaufen? Diesen Staaten darf die Bundesrepublik also ihre Solidarität nicht ausdrücken und hätte die Fregatte deshalb besser nicht hinfahren lassen?

Russland annektiert die Krim, führt dazu einen Kleinkrieg im Osten der Ukraine und unterstützt den menschenverachtenden Diktator Assad in Syrien mit militärischen Mitteln gegen dessen eigenes Volk. Und die Gelder für die Gas-Exporte werden als politisches Druckmittel eingesetzt, um Nachbarstaaten "auf Linie" zu bringen. Welche Politik sollte denn der Westen nach Meinung dieser beiden Kollegen dann gegenüber diesen zwei Diktatoren-Staaten führen? Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, vielleicht? Das entspricht sicher nicht dem Credo von ver.di, sich einzumischen, wenn es ungerecht zugeht, oder?

Während ich beim zweiten Irak-Krieg einer Völkerrechtswidrigkeit noch zustimmen kann, wird dieser Vorwurf bei den Vorgängen im ehemaligen Jugoslawien und in Afghanistan einfach nur aberwitzig. Wo wäre der Balkan gelandet, wenn die NATO damals nicht eingegriffen hätte, um den Massakern aller beteiligten Länder Einhalt zu bieten, die sowieso schon Tausende von Toten forderten? Und die Kriegsverbrecher dadurch alle ihrer gerechten Strafe zugeführt werden konnten? Was, bitteschön, soll daran völkerrechtswidrig sein? Genauso wie in Afghanistan: Ist es vergessen, dass die USA aufgrund der verheerenden Anschläge am 11. September 2001 in New York in Afghanistan einmarschierten, um der Taliban-Terrorherrschaft endlich ein Ende zu setzen? (Was zugegebenermaßen leider nicht gelang…) Aber wie viele unschuldige Afghanen – vor allem Frauen! – wären von den Taliban ermordet worden – alles im Namen der menschenverachtenden Scharia, wenn es diese Intervention nicht gegeben hätte?

Die Kollegen können sich gerne für ein rüstungsfreies Hamburg einsetzen, dann aber bitte nicht mit haltlosen Argumenten, die einer Überprüfung von vorne bis hinten nicht standhalten. Mal noch ganz abgesehen davon, dass diese Rüstungsexporte dann über irgendwelche anderen deutschen Seehäfen abgewickelt werden – die sich darüber freuen werden, neue Geschäfte machen zu können.

Martin Mahle, Neusäß

Thema "Übermächtig", ver.di publik Spezial 7_21

Der Online-Handel boomt, die Geschäfte des örtlichen Handels in den Städten werden empfindlich geschwächt, und die Kunden, auch die Beschäftigten, kaufen weiter fleißig bei Amazon und Prime ein. Sie halten damit den Online-Handel am Leben, obwohl Amazon massiv Betriebsräte und Gewerkschaften bekämpft. Solange es noch genügend Beschäftigte gibt, die für einen Hungerlohn arbeiten und dafür keinerlei Rechte haben, wird der Online-Handel leider weiterwachsen.

Die Angst vor Arbeitslosigkeit ist halt größer.
Klaus Hoffmann, Bonn-Beuel

Danke für den sehr informativen Artikel. Übermächtig scheint zu stimmen, denn unsere Regierung hält sich anscheinend aus dem Problem völlig heraus. Ist also nicht mächtig genug, überlässt die Drecksarbeit der Gewerkschaft, die sich seit Jahren um eine Tarifeinbindung des Konzerns bemüht. Doch wenn Amazon in Deutschland (und anderswo) kaum oder keine Steuern zahlt, sich also an der Finanzierung des Gemeinwesens nicht beteiligt, ist das nicht mehr ein Problem der Gewerkschaft, sondern des Staates, der Regierung. Es ist auch wohl für die neue Regierung kein Thema.

Wofür ist der Staat eigentlich da?

Oder die Leute, die wir wählen dürfen? Ulrich Straeter, Essen

Thema "Ende der Märchenstunde", ver.di publik Spezial 7_21

Die Industrie stellt in allen Bereichen immer wieder durch eigene "unabhängige" Gutachten untermauerte Thesen auf, um ihren Gewinn zu steigern, die dann als die Lösung propagiert werden, bis man nach zwanzig, dreißig Jahren feststellt, dass das Gegenteil richtig ist. Bis dahin sind dann aber schon längst die nächsten Thesen da. Beispiel Plastik: Wir hatten in Deutschland ein funktionierendes Pfandsystem mit Glasflaschen, bis der Industrie einfiel, dass recycelte Plastikflaschen umweltfreundlich sind. Das Ergebnis ist eine Plastikflut, die alle Waren betrifft und inzwischen eines unserer Hauptprobleme ist. Wird es angegangen? Nein, stattdessen feiert man die CO₂-Steuer als Heilsbringer und wird damit dasselbe Ergebnis einfahren, wie beim Plastik. Warum? Erstens kann man gut damit an Börsen spekulieren, was das Ganze zusätzlich antreibt. Zweitens kann man eine positive CO₂-Bilanz aber verkaufen, wenn man sie nicht braucht. Damit weist man jeder Person eine CO₂-Bilanz zu, die von den Umweltsäuen für eine eigene bessere Bilanz nur aufgekauft werden muss, ohne etwas verbessert zu haben.

Michael Beckers, per E-Mail

Thema "Ein gefragter Mann", ver.di Publik Spezial 7_21

Ein absolut präziser und ausführlicher Tatsachenbericht eines Beteiligten, sachlich aufklärend und analysierend. Das beleuchtet die krassen Missstände eines ganzen Wirtschaftszweiges – von innen! Nach der Lektüre habe ich das Gefühl, mehr zu durchschauen und Zusammenhänge zu verstehen. Bravo. Helmut Meiz, Lübeck

Thema "Mitmachen bei ver.di", ver.di publik7_21

In den nächsten Wochen beginnt mit den ersten Mitgliederversammlungen von ver.di-Ortsvereinen ..." "das Mitmachen in ver.di". Schön wär´s, wenn´s überall so wär. In meinem Bezirk gibt es meines Wissens noch meinen Ortsverein in Bad Kreuznach, als Rest von ehemals fünf im alten Bezirk vor der Fusion. Dort, wo sich vor früheren Orga-Wahlen niemand daran machte, in der ver.di publik angekündigte Termine tatsächlich publik zu machen, und dann mangels Masse kein Vorstand mehr gewählt wurde, wurde vier Jahre danach nicht mehr zu solchen Mitgliederversammlungen eingeladen.

Mangels 4. Ebene der meisten Fachbereiche vor Ort, wird außerhalb von Betrieben mit ver.di-Strukturen ver.di oft nicht mehr wahrgenommen. Das nicht nur in der Öffentlichkeit nicht, sondern auch von vielen ver.di-Mitgliedern aus kleinen, aber auch vielen großen Betrieben und von Senioren nicht. Die Gewerkschaften, auch ver.di, verschwinden auf dem Land und in Mittelstädten zunehmend aus dem gesellschaftspolitischen Leben mangels Basisorganisationen in der Fläche.

Das Nichteinladen dort, wo vier Jahre zuvor kein Vorstand gewählt wurde, schuf zudem Mitglieder unterschiedlichen Wahlrechts. Ich konnte zweimal Delegierte wählen und Anträge stellen, im Fachbereich und auf der ver.di-Ebene im Kreis, Mitglieder in den Nachbarkreisen nur einmal im Fachbereich.

Ich gehöre seit ver.di-Gründung unter anderem dem Ortsvorstand Ebene an. Vor dem Hintergrund des Erlebten und auch, weil in den Diskussionen um die organisatorische Fortentwicklung von ver.di die Ortsvereine meines Wissens keine Rolle spielten, frage ich mich, ob diese denn wirklich noch gewollt sind. Falls ja, müsste zunächst sicher gestellt werden, dass alle ver.di-Mitglieder zu je einer Mitgliederversammlung im Fachbereich und auf der Ebene eingeladen werden und dadurch die Chance hätten, einen Ortsverein und somit ein Gesicht nach innen und außen zu konstituieren. Sonst ist das "Mitmachen bei ver.di" bei vielen mangels örtlicher Wahlversammlung schon zu Beginn zu Ende. Volker Metzroth, per E-Mail