Das Bundesverwaltungsgericht hat am 9. November 2021 das Vorkaufsrecht des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg beim Komplex Heimstraße 17 für rechtswidrig erklärt. Das hat Auswirkungen auf alle deutschen Städte, denn kommunales Vorkaufsrecht beruht auf Bundesgesetz.

Der Investor Pohl & Prym hatte 2017 den Komplex Heimstraße 17 mit 20 Mietwohnungen und zwei Gewerbeeinheiten gekauft. Der Bezirk wollte zum Schutz der Mieter statt des Investors die städtische Wohnungsgesellschaft WBM in den Kauf eintreten lassen. Pohl & Prym klagten dagegen. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte dem Bezirk Recht gegeben: Weil der Investor mit dem Kaufpreis von 3,4 Millionen Euro das 25-fache der marktüblichen Jahresnetto-Kaltmiete bezahlt habe, liegen renditesteigernde Maßnahmen nahe – und die Verdrängung der bisherigen Mieter.

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Werner Rügemer ist freier Autor und PublizistFoto: Nick Albert

Das OVG-Urteil wurde jetzt vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. Es argumentiert: Der reine Verdacht reiche nicht aus. Doch den begründet der Investor mit seiner Website selbst, öffentlich und unverblümt: "Hochwertig ausgestattete Eigentumswohnungen mit stilvollen Details für anspruchsvolle Menschen [...] Immobilien insbesondere in Ballungsgebieten sind im Vergleich zu anderen Anlageformen renditeträchtig." Pohl & Prym betreiben 18 solche Projekte in Berlin: so die "Lychener 26 Wohnen am Park" oder "Stuckaltbau Bergmann-Kiez" mit etwa 25 Wohnungen. Die Sanierung im Stuckaltbau hat begonnen, 9 Wohnungen zwischen 58 und 295 Quadratmetern sind bereits verkauft, weitere Wohnungen stehen zum Verkauf. Solche Praktiken sind heute Standard.

Das krasse Fehlurteil liegt auf einer Linie mit dem Bundesverfassungsgericht, das im April 2021 den Berliner Mietendeckel für nichtig erklärte. Das Menschenrecht auf Wohnen, von der Bundesrepublik ratifiziert, braucht in Deutschland ganz neuen Nachdruck.