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Helmut Angerer (li.), sicherte 2016 als Telekom-Betriebsrat nicht nur die Antennen auf der Zugspitze auf 2.962 Meter, sondern auch ArbeitsplätzeFOTO: WERNER BACHMEIE

Alle vier Jahre werden sie gewählt, die Betriebsräte, immer zwischen dem 1. März und 31. Mai. In diesem Jahr ist es wieder so weit. Zur Wahl stehen die Menschen, die sich für die Beschäftigten stark machen, die dafür sorgen, dass sie gehört werden, wenn es um die Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen geht. Die zur Seite stehen, wenn jemand gekündigt werden soll oder gemobbt wird. Die Gesundheitsprogramme durchsetzen, damit Arbeit nicht kaputt macht. Die auf die Einhaltung von Dienstplänen achten und darauf, dass Tarifverträge und Lohnstrukturen eingehalten werden.

Simon Schreiweis ist Gesundheits- und Krankenpfleger, ver.dianer und seit mehr als 14 Jahren Betriebsrat bei den Neckar-Odenwald-Kliniken mit rund 1.000 Beschäftigten. "Es macht Spaß, sich für die Rechte von Menschen einzusetzen, die das gerade selbst nicht können, und etwas gegen Ungerechtigkeit zu tun", sagt er. Und deshalb tritt er auch in diesem Jahr wieder bei der Betriebsratswahl an.

Gegen Ungerechtigkeit

Mit Betriebsräten wie ihm läuft alles besser. Speziell in Krisenzeiten, das zeigen zahlreiche Statistiken, auch die der Hans-Böckler-Stiftung: So haben knapp 53 Prozent der Beschäftigten mit Tarifvertrag im November 2020 in der Pandemie ein aufgestocktes Kurzarbeitergeld bekommen, mit Betriebsrat waren es sogar 66,5 Prozent, ohne Tarifvertrag waren es nur 28,8 Prozent und ohne Betriebsrat nur noch 25,6 Prozent. Mit Betriebsräten gibt es im Durchschnitt 8,4 Prozent mehr Lohn, 18 Prozent mehr Gesundheitsförderung und 13,9 Prozent häufiger flexible Arbeitszeiten für Eltern.

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Betriebsrat Simon Schreiweis im Gespräch mit einer KrankenpflegerinFoto: HC Plambeck

Die Liste der Vorteile ist lang: Mit Betriebsräten haben Beschäftigte mehr Rechte. Sie wachen darüber, dass Tarifverträge, Verordnungen, Gesetze und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Eine Kündigung ist ohne die Anhörung des Betriebsrats nicht wirksam. Gesundheit wird besser gefördert und es gibt eher betriebliche Renten. Mit einem Betriebsrat wird die Weiterbildung mehr gefördert, Innovationen und Produktivität steigen und die Zufriedenheit in der Belegschaft ebenfalls. Kurzum, mit einem Betriebsrat geht es gerechter zu für Beschäftigte und sie werden besser in betriebliche Entscheidungsprozesse einbezogen. Das zahlt sich besonders in schwierigen Zeiten aus.

Schwierige Zeiten haben Simon Schreiweis und seine Betriebsratskolleg*innen nicht nur in den vergangenen zwei Jahren mit der Corona-Pandemie gehabt. Der Personalmangel ist schon über viele Jahre ein Problem, während Corona mussten die Arbeitsplätze in der Krankenhausküche, die auch für die benachbarte duale Hochschule kochte, gerettet werden. Der Präsenzunterricht fiel weg und damit täglich auch 600 Essen. Die Küche der Klinik-Service-Tochter stand vor dem Aus. Mit nichts davon hat Schreiweis vor mehr als 14 Jahren vor seiner ersten Wahl gerechnet. "Ich war jung und naiv. Meine Chefin hat mich auf die Liste gesetzt, und ich wurde gewählt", sagt er heute, aber auch: "Ich habe es nie bereut!"

Gesetzlich geschützt

Doch leicht haben sie es dabei nicht. Betriebsräte werden auch vielfach behindert, das fängt mit Drohungen an und reicht bis hin zu ungerechtfertigten Kündigungsversuchen. Das Gesetz sagt hier eindeutig, dass niemand – auch nicht der Arbeitgeber – eine Betriebsratswahl behindern darf. Ein solcher Versuch kann strafrechtlich verfolgt werden. Auch sind die Initiatoren, die zur Betriebsratswahl einladen, der Wahlvorstand und die Kandidaten vor Strafmaßnahmen geschützt, besonders vor einer ungerechtfertigten Kündigung.

Da Arbeitgeber so etwas aber immer wieder versuchen, hat sich die Ampel-Koalition aus SPD, Grüne und FDP in den Koalitionsvertrag geschrieben, die Behinderung der demokratischen Mitbestimmung als sogenanntes "Offizialdelikt" einzustufen. Damit kann die Behinderung von Betriebsräten besser geahndet werden. Wenn das Vorhaben als Gesetz umgesetzt wird, und auf dem Weg ist es bereits, müssen Polizei und Staatsanwaltschaften ermitteln, selbst dann, wenn Anzeigen wieder zurückgezogen werden.

Jetzt sind die Beschäftigten dran, ihren Betriebsräten den Rücken zu stärken und zur Wahl zu gehen. Der Betriebsrat ist ihre Interessenvertretung im Betrieb. Da sollten wirklich alle ihre Stimme abgeben.