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Strahlende Gesichter vor dem Landesarbeitsgericht. Von links: ver.di-Sekretär Sebastian Triebel, Primark-Betriebsrat Ralf SanderFoto: Cosimo-Damiano Quinto/ver.di

Die Modekette Primark in Hannover hat versucht, den aktiven Gewerkschafter und Betriebsratsvorsitzenden Ralf Sander loszuwerden und zu kündigen. Nachdem das Unternehmen im letzten Jahr vor dem Arbeitsgericht in Hannover gescheitert war (ver.di publik berichtete), zog es weiter bis vors Landesarbeitsgericht Niedersachsen, wo am 14. Januar 2022 verhandelt wurde. Erneut unterlag das Unternehmen mit seiner absurden Forderung.

Vorgeworfen hatte Primark dem Betriebsratsvorsitzenden, er habe als Beisitzer im Rahmen einer Einigungsstelle zur Betriebsvereinbarung "Arbeitszeit" einen Vorschlag zur Personaleinsatzplanung im Homeoffice erarbeitet und per E-Mail an die Einigungsstellenmitglieder verschickt. Laut Primark sollte darin ein schwerer Datenschutzverstoß bestanden haben, den das Unternehmen durch fristlose Kündigung ahnden wollte.

ver.di bewertet das Kündigungsbegehren als einen politisch motivierten, systematischen Angriff auf Betriebsräte und gewerkschaftliche Strukturen. ver.di-Sekretär Sebastian Triebel sagt: "Die Frage lag auf der Hand. Ging es hier wirklich um Datenschutz? Oder wollte Primark nicht eher den Weg freiräumen, um ohne größere Widerstände durch den demokratisch gewählten Betriebsrat den Store zu führen?"

Solidarisch

Mit einer Petition und Solidaritätsaktion unterstützte die Gewerkschaft den Betriebsratsvorsitzenden. Zwei Tage vor Verhandlungstermin haben zudem Mitglieder von ver.di auf den Fall des gekündigten Betriebsratsvorsitzenden aufmerksam gemacht und der Personal- und Geschäftsleitung im Primark-Store Hannover mehr als 7.000 Unterschriften gegen die Kündigung überreicht. Die Petition forderte die sofortige Rücknahme der Kündigung und die Beendigung einer Kampagne gegen engagierte Betriebsräte und aktive Gewerkschafter*innen.

Ursprünglich war die Übergabe der Petition für den 6. Januar 2022 in Essen an die Geschäftsführerin von Primark für Deutschland und Österreich geplant. Doch die Geschäftsführung sagte den Termin ab und bot stattdessen ein Treffen drei Tage nach der Gerichtsverhandlung an. Aus ver.di-Sicht zu spät. "Es hat offensichtlich keinen Wert, eine Petition, die die Rücknahme einer Kündigung fordert, nach der Gerichtsverhandlung zu übergeben", so Triebel.

Am Verhandlungstag versammelten sich vor dem Landesarbeitsgericht 40 Kolleginnen und Kollegen von Primark und weiteren Betrieben, um ihre Solidarität gegenüber Ralf Sander zu zeigen.

Das Landesarbeitsgericht urteilte, dass die vom Arbeitgeber erhobenen Vorwürfe eine fristlose Kündigung nicht begründen können. Damit ist die erstinstanzliche Entscheidung des Arbeitsgerichts Hannover vom 19. Mai 2021 bestätigt und die Beschwerde von Primark gegen das Urteil abgewiesen. Eine Beschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht gegen das Urteil wurde vom Landesarbeitsgericht für unzulässig erklärt.

"Dieses Urteil stärkt den Betriebsrat vor Ort und wirkt auch darüber hinaus. Ein guter Tag für die betriebliche Mitbestimmung."
Sebastian Triebel, ver.di-Sekretär

"Dieses Urteil stärkt den Betriebsrat vor Ort und wirkt auch darüber hinaus. Ein guter Tag für die betriebliche Mitbestimmung", sagte Sebastian Triebel.

Primark habe mit dem Kündigungsversuch ganz offen gezeigt, wie weit sich das Unternehmen mittlerweile davon entfernt habe, Verantwortung für sein Personal zu tragen, sagt Cosimo-Damiano Quinto, zuständiger Unternehmensbetreuer von ver.di auf Bundesebene. "Primark braucht dringend einen Kulturwandel in den Betrieben bis hinauf in die Unternehmensführung."