Muss sein

Süddeutsche Zeitung, 8. März 2022

Nichts läge also näher, als den Streikenden zuzurufen: Nein, das muss jetzt wirklich nicht noch sein. Es wäre aber trotzdem falsch. Das Kita-Personal darf die Arbeit niederlegen – auch nach zwei Jahren Pandemie, auch wenn die Einrichtungen schon mehrmals schließen mussten, auch wenn das für Eltern unangenehm ist. Die Erzieherinnen und Erzieher dürfen das nicht nur, ebenso wie die mitstreikenden Sozialarbeiter. Sie haben für ihren Arbeitskampf auch gute Gründe. Da wäre ein ganz prinzipieller: Streiken ist ein Grundrecht, und Grundrechte haben selbstverständlich auch in Zeiten der Pandemie ihre Gültigkeit. Sie müssen zwar mitunter eingeschränkt werden; wenn die Intensivstationen überlaufen, darf man sich nicht zu Tausenden versammeln. Der Kita-Streik aber birgt in dieser Hinsicht keine Gefahr. Außerdem hat die aufrufende Gewerkschaft Verdi auch in der Pandemie Verantwortung bewiesen. Eigentlich wären die Verhandlungen über die Arbeitsbedingungen von Erziehern und Sozialarbeiterinnen nämlich schon im März 2020 angestanden, seitdem wurden sie wegen Corona ausgesetzt. Ewig nach hinten schieben lassen sie sich aber nicht, dazu sind die Fragen, die geklärt werden müssen, zu wichtig.

Wichtige Wahl

Ludwigshafener Rundschau, 2. März 2022

Es mag manchen überraschen: Die Betriebsratswahlen, die alle vier Jahre stattfinden, gehören in Deutschland zu den Wahlen mit der höchsten Wahlbeteiligung. Bei den letzten Betriebsratswahlen 2018 in den Branchen der Gewerkschaften Metall, Verdi, Bergbau/Chemie/ Energie (BCE) und Nahrung/Genuss/ Gaststätten (NGG) gaben zusammengenommen gut drei Viertel (75,5 Prozent) der wahlberechtigten Beschäftigten ihre Stimme ab. Bei der Wahl zum Bundestag im Herbst 2021 waren es lediglich 1,1 Prozentpunkte mehr. Je höher die Wahlbeteiligung ausfällt, desto größer ist der Rückhalt für das Mandat, mit dem die Betriebsräte sich für die Interessen der Arbeitnehmer auf Basis des Betriebsverfassungsgesetzes einsetzen können.

Bravo

Die Welt, 1. März 2022

Mit 20.000 Demonstranten hatte das Bündnis der üblichen Verdächtigen in Berlin gerechnet, Gewerkschaften, Kirchen, Friedensgruppen. Es kamen Hunderttausende. Auch in anderen deutschen Städten regte sich der Protest [...] Annette Kurschus, die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, nannte [...] den Überfall auf die Ukraine beim Namen: ein Verbrechen. Sie sagte auch: "Wir werden der kriegslüsternen Herrscherclique in Russland nicht das Geschenk machen, ihr Volk zu hassen." Bravo! Und der Ver.di-Chef zollte den mutigen Russen seinen Respekt, die gegen das Regime demonstrierten. Bravo!

Fehlerteufel

In der ver.di publik 1_2022 hatten wir im Brennpunkt auf der Seite 3 im Kasten unter dem Titel "Die Privatisierungsgewinner" geschrieben: "Zwischen 2015 bis 2019 haben sich die Aktionäre des UKGM insgesamt 278,2 Millionen Euro an Gewinnen ausgezahlt. An die Mitglieder des Aufsichtsrats gingen 10 Millionen, 20 Millionen Euro an aktive und ehemalige Vorstände, 6 Millionen an die Wirtschaftsprüfer PWC." Das ist leider nicht korrekt, der Fehlerteufel hatte sich eingeschlichen. Tatsächlich hätte es richtig heißen müssen: Zwischen 2015 bis 2019 haben sich die Aktionäre der Rhön-Klinikum AG einschließlich dem UKGM insgesamt 278,2 Millionen Euro an Gewinnen ausgezahlt. Die Redaktion bittet, den Fehler zu entschuldigen.