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Auch in Oldenburg streikten am 8. März 2023 Beschäftigte des öffentlichen DienstesFoto: Eibner/imago

Während diese ver.di publik ausgeliefert wird, stimmen aktuell die ver.di-Mitglieder im öffentlichen Dienst über das vorliegende Verhandlungsergebnis in der Tarifrunde für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten bei Bund und Kommunen ab. Erst danach entscheidet die ver.di-Bundestarifkommission (BTK) für den öffentlichen Dienst am 15. Mai endgültig über die erzielte Einigung.

So viel ist gewiss, ohne die zahlreichen großen und kleinen Streiks wäre der erzielte Kompromiss nicht möglich geworden. Dazu waren die Arbeitgeber zu sehr auf Konfrontation gebürstet, insbesondere bei den Kommunen. "Eine halbe Million Streikteilnehmerinnen und Streikteilnehmer – das ist die Grundlage dafür gewesen, dass wir in der Schlichtung und jetzt auch heute zu dem Verhandlungsergebnis gekommen sind, was wir jetzt haben", betonte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke nach der letzten Verhandlungsrunde.

Das Ergebnis im Detail

Unter anderem sieht die Einigung eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung von insgesamt 3.000 Euro in mehreren Stufen vor. Die Auszahlung beginnt mit einem Betrag von 1.240 Euro netto im Juni 2023, gefolgt von weiteren monatlichen Auszahlungen in Höhe von je 220 Euro netto in den Monaten Juli 2023 bis einschließlich Februar 2024. Auszubildende, Studierende und Praktikant*innen bekommen den Inflationsausgleich zur Hälfte, also 1.500 Euro. Die Zahlung erfolgt analog: im Juni 2023 einmalig 620 Euro und von Juli 2023 bis Februar 2024 in Höhe von 110 Euro monatlich. Teilzeitbeschäftigte erhalten die Zahlungen anteilig.

Für die Arbeitgeber bedeuten die Inflationsausgleichszahlungen weniger Kosten, denn sie zahlen darauf keine Sozialabgaben und die Personalausgaben erhöhen sich nicht dauerhaft. Für die Beschäftigten bedeuten die Zahlungen viel Geld, ohne Abzüge – auch der ver.di-Beitrag erhöht sich nicht. Sie sind nicht tabellenwirksam, doch eine Nullrunde ist das nicht, denn die Beschäftigten bekommen ja mehr Geld als im Jahr davor.

Tabellenwirksam steigen die Einkommen dann ab dem 1. März 2024: um einen Sockelbetrag von 200 Euro zuzüglich 5,5 Prozent. Ein Mindestbetrag von 500 Euro war mit den Arbeitgebern nicht zu machen, stattdessen wird aber der Erhöhungsbetrag auf 340 Euro raufgesetzt, wenn der Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent diese Höhe nicht erreicht. Für Auszubildende, Studierende und Praktikant*innen steigen die Entgelte ab März 2024 um 150 Euro. Die Tarifeinigung bedeutet Erhöhungen für die Beschäftigten zwischen 340 und 680 Euro monatlich. Zudem sollen die tariflichen Zulagen, für die eine Dynamisierung vereinbart wurde, ab März 2024 um 11,5 Prozent erhöht werden.

Die tabellenwirksamen Erhöhungen gehören klar zur Stärke des Ergebnisses. Bei den unteren Einkommen beträgt das tabellenwirksame Plus 13, teils bis über 16 Prozent, bei den obersten sind es mindestens 8 bis 9 Prozent. Die allermeisten Beschäftigten würden eine Erhöhung von über 11 Prozent erhalten, erläuterte Frank Werneke die Erhöhungen. "Das ist eine nachhaltige Steigerung der Einkommen, die beachtlich ist."

Auch konnte ver.di gegenüber der Schlichtungsempfehlung in der letzten Verhandlungsrunde erreichen, dass die von den Arbeitgebern geforderten Sonderopfer für Beschäftigte im Gesundheitsbereich und bei den Sparkassen abgewehrt wurden. Und die bestehende Regelung zur Übernahme der Auszubildenden konnte verlängert werden.

Schwächen des Ergebnisses sind die lange Laufzeit von 24 Monaten (bis 31. Dezember 2024) und die relativ späte tabellenwirksame Erhöhung. Am Ende der Laufzeit sei es aber auch auf der Tabelle viel Geld für alle Beschäftigten, betonte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle, "ein Wert, den man nicht ablehnen kann". Deshalb habe die BTK die Annahme empfohlen.

"Wir mussten Kröten schlucken, aber das Gesamtergebnis bewerte ich als gut, unter anderem weil die von den Arbeitgebern geforderten Verschlechterungen vollständig abgewehrt wurden, insbesondere für die Sparkassenbeschäftigten", sagt BTK-Mitglied Udo Alpers.

"Für mich ist das Ergebnis gut. Wir wollten einen Mindestbetrag, den haben wir nicht bekommen, aber wir haben einen Sockel, der die unteren Eingruppierungen hebt und dafür sorgt, dass es einen sozialen Ausgleich gibt. Wir haben gemeinsam verhindert, dass wir durch zusätzliche Einschnitte gespalten werden. Diese Solidarität macht unsere Stärke aus", betont BTK-Mitglied Hansi Weber.

Die Augsburger Allgemeine Zeitung kommt zu dem Schluss, ver.di-Chef Werneke gehe als klarer Sieger aus der Auseinandersetzung hervor, und das Handelsblatt stellt fest: "Die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer steigt."

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