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Foto: Alia Ali

Auf den ersten Blick wirken die Arbeiten von Alia Ali wie ein riesiges Kaleidoskop, aus dem sich erst beim zweiten Blick Figuren abzeichnen, wie auch auf diesem Foto, das die jemenitisch-bosnische US-amerikanische Multimediakünstlerin "Träumer" nennt. Auf dem Boden liegend, mit den Händen unterm Kopf verschränkt und aufgestellten Beinen, die aber nicht wirklich zu sehen sind, liegt dort auf einem Blumenstoff, verhüllt mit drei anderen Blumenstoffen eine Person. Seit Jahren arbeitet die Künstlerin mit Stoffen. Sie verkleidet mit ihnen nicht nur Porträts, in denen sich oft in klassischen Posen der Renaissance Figuren in ihren Kleiderhüllen vom Stoffgrund rausschälen, sondern ganze Räume und Galerien. Das ließe sich unter dem Stichwort "blumige Phantasie" mit einem "gefällt mir" abhaken. Aber es würde dieser berauschenden wie peniblen Arbeit nicht gerecht. Alia Ali ist mit fünf Sprachen aufgewachsen, hat über siebzig Länder bereist und legt dabei mit der Auswahl ihrer Stoffe, die sie verwendet, die Spuren des Kolonialismus, des kolonialen Handels frei – und nicht nur den von Stoffen, sondern auch den Handel mit Menschen. Und das ist ihre große Kunst: In der vollständigen Verhüllung die Geschichte des Kolonialismus, Rassismus und Sexismus offenzulegen.

Petra Welzel

Austellung: Galerie Peter Sillem, Dreieichstr. 2, 60594 Frankfurt, bis 16. Dezember 2023

galerie-peter-sillem.com