Was können Mitglieder tun, um in ihrem Betrieb aktiv zu werden? Wie gewinnt man weitere Mitglieder, um mehr durchzusetzen? Wir stellen verschiedene „Werkzeuge“ vor, die in gewerkschaftlicher Arbeit und Auseinandersetzungen erfolgreich eingesetzt wurden. Dieses Mal erzählt Jan Friedrichs, der bei der Deutschen Post in Hannover arbeitet und dort zu den Vertrauensleuten (VL) gehört, von seinen Erfahrungen mit Kampagnenplanung.

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Ihr habt letztes Jahr eine Kampagne geplant. ­Worum ging’s?

Bei uns stand die Tarifrunde an und wir haben überlegt, wie wir aus der Zeit des Stillstands heraus – Corona war gerade erst vorbei – möglichst viel Kraft entwickeln können. Als Vertrauensleute wussten wir, dass wir in Zeiten von Inflation eine hohe Forderung brauchen.

Wie lief das Ganze ab?

Auf einem Aktiventreffen im Sommer haben wir überlegt, was wir wollen und wie wir das erreichen. Wir haben das Ziel definiert, mit einer hohen Forderung in die Tarifrunde zu starten, und dann überlegt, wie wir das schaffen können. Als erstes stand eine Vertrauensleutekonferenz an. Dafür haben wir ein Video gemacht, in dem wir erklären, warum wir eine Forderung brauchen, die mindestens so hoch sein muss, dass sie für einen Inflationsausgleich sorgt und dass wir alle Kolleg*innen ins Boot holen müssen für die Forderungsbefragung, um streikbereit zu sein. In dem Video haben wir dazu aufgerufen, eine gemeinsame Resolution zu verabschieden. Die haben dann über 100 Vertrauensleute und Betriebsräte unterschrieben.

Was war der nächste Schritt?

Um das Ergebnis der Konferenz in die Belegschaft zu tragen und zur Betriebsversammlung im Oktober zu mobilisieren, die der Start für die Forderungsbefragung war, haben wir noch ein Video gemacht. Auch in dem erklären wir, wie wichtig es ist, streikbereit zu sein, um eine hohe Forderung durchzusetzen. Am Ende zählen keine Argumente am Verhandlungstisch, sondern wie viele von uns bereit sind, dafür auf die Straße zu gehen. Also weg von „hier ist ver.di, die ­machen das für euch“ hin zu „wir bekommen das nur gemeinsam hin“.

Habt ihr viele erreicht?

Wir haben die Videos in Chatgruppen rumgeschickt und sehr viele Kollegen erreicht. Zur Betriebsversammlung kamen über 2.000 Leute. Das war die größte, die wir je hatten. Und das Ergebnis der bundesweiten Befragung ist dann insgesamt sehr hoch ausgefallen, so dass wir am Ende 15 Prozent gefordert haben.

Was ist dein Tipp für Kolleg*innen?

In Sachen Video: Lasst es Kolleg*innen machen, die selbst jeden Tag arbeiten, also wissen, wovon sie sprechen und was den Leuten unter den Nägeln brennt. Außerdem: keine fertigen Texte, sondern möglichst ehrlich, authentisch und frei vortragen. Und kurz halten! In Sachen Kampagne: Die nächsten Tarifrunden kommen. Macht euch jetzt schon Gedanken wie ihr die gestalten wollt, wie ihr Schritt für Schritt Stärke aufbauen könnt. Das geht nicht von allein. Da braucht’s im Vorfeld Diskussionsräume und Strukturen.