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Der Druck der Beschäftigten führte am Ende zum DurchbruchFoto: ver.di

Die Kolleg*innen im bayerischen Einzelhandel und im bayerischen Groß- und Außenhandel mussten in einer der längsten und härtesten Tarifauseinandersetzung 13 Monate für ihren Tarifabschluss kämpfen.

"Durch beispiellose Entschlossenheit, unheimlichen Mut und große Ausdauer, die die Streikenden zeigten, war es möglich, für die Beschäftigten im Handel Bayern spürbare Entgeltsteigerungen zu vereinbaren", sagt Thomas Gürlebeck vom ver.di-Landesfachbereich Handel in Bayern.

Die Tarifrunde 2023/2024 im Handel Bayern habe sich insbesondere durch die Dynamik und hohe Streikbereitschaft der Beschäftigten ausgezeichnet. In tausenden Streikaktionen, die von den klassischen Streiks vor dem Betrieb über Streiks aus dem laufenden Betrieb bis hin zu Flashmobs im Einzelhandel reichten, war der Kreativität kein Ende gesetzt. "Noch nie waren so viele Betriebe und Kolleg*innen in den Streiks wie in dieser Tarifrunde", so Gürlebeck.

Einzelhandel Bayern

In über 130 bayerischen Betrieben wurde seit dem 17. Mai 2023 für den Tarifabschluss gekämpft. Unermüdlich und trotz aller möglichen Arbeitgeberschikanen waren die Beschäftigten entschlossen, sich nicht abspeisen zu lassen. Die Härte der Auseinandersetzung lässt sich auch daran erkennen, dass es viele Betriebe mit 50 und mehr Streiktagen gibt. Am 11. Juni 2024 konnte mit den Arbeitgebern in Bayern der für die Beschäftigten dringend benötigte Tarifabschluss vereinbart werden.

Sie konnten 14 Prozent mehr Geld über die nächsten drei Jahre durchsetzen. Für eine Verkäuferin im Endgehalt macht das insgesamt fast 400 Euro mehr im Monat aus. Dazu werden noch 1.000 Euro netto als Inflationsausgleichsprämie gezahlt. Der Stundenlohn erhöht sich für eine Verkäuferin über die Laufzeit um 2,38 Euro.

Hubert Thiermeyer, Verhandlungsführer in Bayern für den Einzelhandel, bringt es auf den Punkt: "13 Monate kämpften unsere Kolleginnen und Kollegen mutig und ausdauernd für rechtssichere Entgelterhöhungen, die die Menschen bei gestiegenen Lebenshaltungskosten entlasten, die einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die Altersarmutdarstellen und ein Zeichen für Respekt und Wertschätzung für die Beschäftigten sind. Mit diesem Tarifabschluss sind wir unseren Zielen einen großen Schritt nähergekommen."

Großhandel Bayern

Im Großhandel Bayern waren elf Verhandlungsrunden nötig, um sich mit den Arbeitgebern auf einen Tarifabschluss zu verständigen. Die Beschäftigten im Großhandel Bayern kämpften ebenfalls seit dem 17. Mai 2023 für ihre Entgelterhöhungen. In der Tarifauseinandersetzung ist es den Beschäftigten gelungen, die Streiks derart zuzuspitzen, dass die Logistik der Großhandelsbetriebe zusammenbrach und Filialen zeitweise nicht mehr mit Waren versorgt werden konnten. Dass die Kolleg*innen in den Streikbetrieben den Druck auf die Arbeitgeber aufrecht erhalten konnten, führte am 18. Juni 2024 zu einer Einigung.

Neben der Entgelterhöhung von insgesamt 12,1 Prozent in den nächsten drei Jahren und einer Inflationsausgleichsprämie von 1.000 Euro verständigten sich beide Seiten auf 480 Euro pro Jahr für eine obligatorische Altersvorsorgezahlung – ein großer Schritt im Kampf gegen Altersarmut. Vereinbart wurden auch Verhandlungen für die Zukunftsthemen der Branche, wie Altersvorsorge, Personalbindung- und gewinnung.

"Nach dem ausdauernden und mutigen Kampf unserer Kolleginnen und Kollegen haben wir mit dem Durchbruch tarifpolitisches Neuland betreten. Wir gehen gemeinsam die Herausforderungen unserer Branche mit innovativen Tarifverhandlungskonzepten an. Es ist gelungen, im Kampf gegen die drohende Altersarmut einen wichtigen Schritt mit einer Neuregelung der betrieblichen Altersvorsorge zu machen. Gegen die Folgen der massiven Preiserhöhungen haben wir deutliche Entgeltsteigerungen durchsetzen können", zeigt sich Thomas Gürlebeck mit dem Erreichten zufrieden. Er hat für ver.di die Verhandlungen im Großhandel Bayern geführt.