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An deutschen Grenzen wird wieder kontrolliertFoto: Harald Tittel/dpA

Für sechs Monate sollen von Mitte September an die Grenzen zu allen Nachbarstaaten Deutschlands kontrolliert werden, um die Zahl unerlaubter Einreisen stärker zu begrenzen. Das hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser, SPD, angekündigt. Sie wolle damit „Schleuser stoppen, Kriminellen das Handwerk legen, Islamisten erkennen und aufhalten", sagte sie in einem Zeitungsinterview.

Nach 29 Jahren ungehinderten Grenzverkehrs im Rahmen des Schengener Abkommens müssen sich Einreisende jetzt auf Kontrollen einstellen. Zumindest stichprobenartig sollen sie erfolgen, sagte die Ministerin. Hintergrund ist, dass ein Asylantrag in dem Land gestellt werden muss, in dem der oder die Geflüchtete zuerst in die EU eingereist ist. Das haben die EU-Mitgliedsstaaten im sogenannten Dublin-Abkommen vereinbart. Aus geografischen Gründen ist das eher selten in Deutschland. Ob die Zurückweisung an den Grenzen mit dem europäischen Recht konform ist, ist umstritten. Und ob Faeser damit das vermeintliche Problem von Gewalt durch Geflüchtete hierzulande lösen kann, sei dahingestellt.

Eine solche verkürzte Darstellung blendet oft die komplexen Ursachen von Gewalt aus und lässt die Taten, die von Deutschen begangen werden, außer Acht. Auch ist dabei oft nicht davon die Rede, dass die allermeisten Menschen mit Migrationshintergrund hierzulande ein wichtiger Teil der Gesellschaft sind, arbeiten, Steuern zahlen, sich engagierem und für den eigenen Lebensunterhalt sorgen. Hingegen wird beim Thema Fachkräftemangel der Ruf nach Zuwanderung aus Kreisen von Wirtschaft und Politik schnell wieder laut.

Schlechtes Licht

Die verstärkten Grenzkontrollen sind auch eine Reaktion auf einen Anschlag in Solingen, bei dem ein Syrer drei Menschen getötet und acht verletzt hat. Kurz vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hatte diese Tat die Dis­kussion über die Migrationspolitik in Deutschland erneut aufflammen lassen. Im Mittelpunkt standen dabei Fragen nach Abschiebungen, Einwanderung und Islamismus. Schnell wurden so alle Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland in ein schlechtes Licht gerückt.

„Es wird höchste Zeit, die Debatte, um Asyl und Migration zu versachlichen. Der zunehmend aggressive Ton, den insbesondere Friedrich Merz und andere in der Union anschlagen, ist angesichts der Realität der deutschen Gesellschaft nach mehr als 60 Jahren Einwanderung völlig unangemessen“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Ein Teil der zurzeit diskutierten Ideen zur Beschneidung des Rechts auf Asyl sei grundgesetzwidrig und inhuman. Die Verschärfung der Asylpraxis verhindere keine Terroranschläge. Stattdessen brauche es mehr Investitionen in die innere Sicherheit, schärfere Waffengesetze und Maßnahmen gegen die Radikalisierung auf den digitalen Plattformen.

„Vollständig fehlen Vorschläge zur Verbesserung der Integration von geflüchteten Menschen, es braucht deutlich mehr Unterstützung für die Kommunen. Absolut richtig und wichtig ist der Schutz der gesamten Gesellschaft – Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund eingeschlossen – vor Kriminalität. Gewalt, Hass, Ausbeutung, Ausgrenzung und Diskriminierung zerstören

unsere Gesellschaft. Mit dem derzeitigen Unterbietungswettbewerb in Sachen Menschenwürde, Asylrecht, Zuwanderung und Freizügigkeit in Europa verspielen wir aber unsere Zukunft“, so Werneke weiter. Zwei Dinge müssten hand- lungsleitend bleiben: „Zum einen das individuelle Grundrecht auf Asyl, zum anderen Artikel 1 unserer Verfassung – die Würde des Menschen ist unantastbar. Das gilt für alle Menschen.“