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Foto: Michael Matthey/picture alliance/dpa

Selbstermächtigung ist oft der erste Schritt hin zu Veränderungen. Für Gewerkschafter*innen ist das selbstverständlich: sich immer wieder einsetzen, stark machen für bessere Arbeitsbedingungen. Die eigene Macht zu nutzen, fällt in der gewerkschaftlichen Gemeinschaft umso leichter, weil niemand für sich allein einstehen muss. Und je mehr sich zusammentun, desto wirkmächtiger sind sie. Das gilt für jede Tarifrunde. Immer wieder. Und es gilt selbstverständlich auch für das kommende Jahr.

Für insgesamt 7,5 Millionen Beschäftigte laufen zwischen Dezember 2024 und November 2025 die bestehenden Vergütungstarifverträge aus, die von den Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes verhandelt wurden. Sie müssen jetzt neu ausgehandelt werden. In diesem Jahr standen für knapp 12 Millionen Beschäftigte Tarifauseinandersetzungen an. Das sind zusammen nahezu die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland, die davon profitieren, dass sich etliche Kolleg*innen gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft für sie alle engagieren. Die mehr Geld rausholen, mehr freie Tage, mehr Weiterbildung oder auch die Wahl zwischen mehr Geld und mehr Freizeit.

„Wir haben es selbst in die Hand genommen, unsere Arbeitsbedingungen zu gestalten. Dabei ist uns bewusst geworden, welche Kraft wir als Klinikbeschäftigte haben, wenn wir uns zusammenschließen.“
Taylan-Özgür Özkan, Auszubildender in der Pflege an der MHH

Zuletzt hat ver.di zusammen mit den Beschäftigten an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) einen Tarifvertrag zur Entlastung nach einer monatelangen Auseinandersetzung durchgesetzt. Die MHH ist damit eine von inzwischen weit über zwanzig Unikliniken, in der die Beschäftigten einen tariflichen Anspruch auf Entlastung haben. Und nicht nur den haben die MHH-Beschäftigten jetzt. Sie haben auch die Erfahrung gemacht, dass ihre gemeinschaftliche Stärke etwas bewirken kann. "Wir haben es selbst in die Hand genommen, unsere Arbeitsbedingungen zu gestalten. Dabei ist uns bewusst geworden, welche Kraft wir als Klinikbeschäftigte haben, wenn wir uns zusammenschließen", sagt Taylan-Özgür Özkan, Auszubildender in der Pflege an der MHH.

Wo die Post zuerst abgeht

Gleich zu Beginn des kommenden Jahres stehen für ver.di zwei große und wichtige Tarifrunden an. Bei der Deutschen Post geht es um die Löhne und Gehälter von rund 170.000 Postbeschäftigten, im Öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen um die Arbeitsbedingungen von 2,5 Millionen Beschäftigten. Im Januar läuft zudem der Tarifvertrag in der Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie mit rund 72.000 Beschäftigten aus, im März dann der im Versicherungsgewerbe mit 178.000 Angestellten. Insgesamt für knapp 3 Millionen Beschäftigte ist ver.di so schon in den ersten drei Monaten 2025 am Start.

Über 45.000 ver.di-Mitglieder bei der Deutschen Post haben sich in einer bundesweiten Umfrage für eine Forderung von 7 Prozent mehr Lohn ausgesprochen. Die Deutsche Post samt DHL hat zwar ihre Gewinnzahlen für das laufende Jahr zusammengestrichen – weder das Paket- noch das Briefgeschäft hätten sich wie erwartet entwickelt –, dennoch geht der Konzern von einem operativen Gewinn für 2024 von mehr als 5,8 Milliarden Euro aus. Geld ist also da. Und mehr Geld brauchen die Beschäftigten dringend. Die Einkommen der großen Mehrheit der Post-Beschäftigten liegen noch immer unter dem mittleren Einkommen, dem sogenannten Medianeinkommen, in Deutschland. Und das reicht immer häufiger nur noch für das Notwendigste.

Auch für die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen steht die Forderung: 8 Prozent mehr Geld, mindestens aber ein Plus von 350 Euro monatlich sowie höhere Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten. Auch wenn durch das Aus der Ampel-Regierung nicht sicher ist, ob die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser, SPD, die die Verhandlungsführerin des Bundes ist, dies auch noch am Ende der Verhandlungen sein wird, hat das keine Auswirkungen auf die Tarifrunde an sich. Die Verhandlungstermine stehen fest, die Forderungen seitens ver.di und der Beschäftigten auch. Jetzt sind Bund und Kommunen im Zugzwang.

Aktuell gehen in den Verwaltungen und Betrieben des öffentlichen Dienstes die ver.di-Mitglieder auf ihre Kolleg*innen zu, um sie für die Tarifrunde zu gewinnen, sich ihnen und den Forderungen anzuschließen. Bis zum 24. Januar können sich alle Beschäftigten bei Bund und Kommunen, die es noch nicht getan haben, auch online für die Auseinandersetzung stark machen. Je mehr sich nämlich hinter den Forderungen versammeln und sich so selbst ermächtigen, desto mehr lässt sich am Ende auch durchsetzen. Oder anders gesagt: Gute Tarifabschlüsse machen sich nicht von allein, es braucht richtig viele, die jede Tarifrunde zu ihrer Sache machen.

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