Ausgabe 04/2025
Mindestlohn steigt auf 14,60 Euro – so viel verdienen Beschäftigte ab 2026 mehr

Die Menschen in rund 6,6 Millionen Arbeitsverhältnissen werden ab dem 1. Januar 2026 besser bezahlt. Zu diesem Zeitpunkt soll der gesetzliche Mindestlohn von heute 12,82 Euro pro Stunde auf 13,90 Euro steigen. Ein Jahr später sind es von heutigem Stand aus bereits 8,3 Millionen Jobs – und damit knapp ein Fünftel aller Arbeitsverhältnisse in Deutschland. Ab 1. Januar 2027 soll ein Mindestlohn von 14,60 Euro gelten.
Das hat zumindest die Mindestlohnkommission Ende Juni empfohlen, das Kabinett muss jetzt noch zustimmen. Die Entscheidung war mit Spannung erwartet worden. Vor zwei Jahren konnte sich die Kommission, besetzt mit je drei Vertreter*innen der Arbeitgeber und der Gewerkschaften, nicht auf ein einstimmiges Votum einigen. Den Ausschlag für Annahme dieses Vorschlags, nachdem der Mindestlohn in den Jahren 2024 und 2025 nur um je 42 Cent erhöht wurde, gab damals die Kommissionsvorsitzende Christiane Schönfeld. Sie hatte im Sommer 2023 mit den Arbeitgebern gestimmt und für eine Mehrheit gesorgt. In diesem Jahr einigten sich die sieben stimmberechtigten Ausschussmitglieder auf den Kompromissvorschlag von Schönfeld. ver.di hatte im Vorfeld mindestens 15 Euro pro Stunde gefordert.
Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis, die Mitglied der Mindestlohnkommission ist, zeigte sich dennoch zufrieden: "Auch wenn es nicht 15 Euro geworden sind, ist es doch eine erhebliche finanzielle Verbesserung für die Beschäftigten im Niedriglohnsektor." Die Verhandlungen in der Kommission seien extrem hart und schwierig gewesen.
Ein Erfolg der Gewerkschaften
Die Mindestlohnkommission soll sich nach ihrer Geschäftsordnung an 60 Prozent des Medianeinkommens orientieren. Rainer Jung, Mindestlohnexperte des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung (HBS), kommentierte den Vorschlag der Mindestlohnkommission so: "Mit der Erhöhung auf 13,90 Euro vollzieht die Kommission im Wesentlichen die Tarifentwicklung der letzten beiden Jahre nach. Das liegt im Rahmen der Beschlüsse, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen." Bemerkenswert sei der zweite Schritt auf 14,60 Euro im Jahr 2027, denn der liege nahe am europäischen Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns, den das Statistische Bundesamt für April 2025 ermittelt hat. "Das ist ein Erfolg für die Gewerkschaften, die den Referenzwert als neues Kriterium durchgesetzt haben. Das wird auch bei kommenden Beschlüssen eine Rolle spielen", so Jung.
Frauen profitieren häufiger
"Der Mindestlohn ist eine der wenigen Maßnahmen, von der häufiger Frauen profitieren, weil Frauen einfach häufiger in diesen Niedriglohnbereichen zu finden sind", sagte WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch in einer Folge des HBS-Podcasts "Systemrelevant". Die jetzt beschlossene Empfehlung bringt insgesamt ein Plus von 13,9 Prozent, rechnete ver.di-Vize Kocsis vor.
Auf den Monat gerechnet erhalten Vollzeitbeschäftigte mit dem Mindestlohn bei 40 Arbeitsstunden pro Woche ab Januar 2026 ein Plus von rund 190 Euro brutto. Ab Januar 2027 ergibt sich mit Bezug auf die derzeitige Mindestlohnhöhe von 12,82 Euro pro Stunde ein Plus von rund 310 Euro brutto. Aufs Jahr bezogen errechnet sich daraus ein Gesamtbetrag von 3.700 Euro brutto. Das wiederum entspricht 60 Prozent des derzeitigen Median-Lohns.
Seit November 2022 gilt eine EU-Richtlinie, nach der der Mindestlohn in den Mitgliedsstaaten mindestens 60 Prozent des mittleren Einkommens betragen soll. In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD folgendes vereinbart: "Für die weitere Entwicklung des Mindestlohns wird sich die Mindestlohnkommission im Rahmen einer Gesamtabwägung sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar."
Zuletzt hatte allerdings etwa Bundeskanzler Friedrich Merz, CDU, im Vorfeld der jetzigen Entscheidung mehrfach die Autonomie der Mindestlohnkommission betont. Eine Umfrage von Forsa Anfang Juni im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ergab hingegen, dass zwei Drittel (66 Prozent) der Bundesbürger*innen 15 Euro Mindestlohn befürworten.
FAQ zum neuen Mindestlohn
Wie hoch ist der neue gesetzliche Mindestlohn ab 2026?
Ab dem 1. Januar 2026 beträgt der gesetzliche Mindestlohn 13,90 Euro pro Stunde.
Wie viel steigt der Mindestlohn bis 2027?
Ab dem 1. Januar 2027 steigt der Mindestlohn auf 14,60 Euro pro Stunde.
Wer profitiert am meisten vom höheren Mindestlohn?
Vor allem Beschäftigte im Niedriglohnbereich – besonders viele Frauen – profitieren von der Anhebung.
Wie viel mehr Geld bringt die Erhöhung pro Monat und Jahr?
Bei Vollzeitbeschäftigung sind das rund 190 Euro mehr im Monat ab 2026 und rund 310 Euro ab 2027. Aufs Jahr gerechnet ergibt sich ein Plus von bis zu 3.700 Euro brutto.
Warum wurde der Mindestlohn nicht gleich auf 15 Euro erhöht?
ver.di forderte 15 Euro, die Mindestlohnkommission einigte sich aber auf einen Kompromiss nahe dem EU-Referenzwert von 60 Prozent des Medianlohns.