Ausgabe 05/2025
Die nächste Instanz entscheidet
So schnell geben die Beschäftigten bei Ryanair nicht auf. Auch wenn die Arbeitgeber sie durch alle Gerichtsinstanzen zwingen. Nach knapp drei Jahren intensiver Auseinandersetzung hatten die Beschäftigten der Konzerntochter Malta Air am Standort Berlin im März den Prozess vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg für sich gewonnen und konnten im Mai Betriebsratswahlen durchführen. Das Gericht hatte entschieden, dass eine Homebase eine betriebsratsfähige Einheit ist, auch wenn der Sitz des Hauptbetriebes im Ausland ist. Dagegen ist der Arbeitgeber inzwischen in Berufung gegangen. Für die Beschäftigten von Malta Air am Standort in Köln ging die Hauptverhandlung am 5. September negativ aus. Auch sie kämpfen nun schon seit zweieinhalb Jahren für einen Betriebsrat.
Der Wahlvorstand in Köln wird dem Urteil widersprechen. Somit landen beide Auseinandersetzungen vor dem Bundesarbeitsgericht, das vermutlich im nächsten Jahr entscheiden wird. "Strittig ist, ob ein Teilbetrieb dessen Hauptbetrieb im Ausland liegt, überhaupt unter das Betriebsverfassungsgesetz fallen kann", erläutert Antje Dieterich von ver.di die unterschiedlichen Ergebnisse der beiden Prozesse. "Denn anders als in Berlin wurde am Landesarbeitsgericht Köln entschieden, dass der Standort keine betriebsratsfähige Einheit darstelle."
"Lex Ryanair" sollte auch für Ryanair gelten
Schon seit 2017 kämpfen die Beschäftigten bei den Ryanair-Töchtern dafür, eine Betriebsratswahl in der Ryanair Group in Deutschland zu ermöglichen. Ryanair nutzt aus, dass der Konzernhauptsitz im Ausland liegt und die Personalführung überwiegend im Ausland über digitale Kommunikationsmittel erfolgt. Eine feste Homebase ist rechtlich vorgeschrieben. Um Betriebsratswahlen für die Beschäftigten bei Ryanair zu ermöglichen, hatte ver.di zunächst eine politische Kampagne zur Reform des Paragrafen 117 im Betriebsverfassungsgesetz geführt. Damit wurde es fliegendem Personal überhaupt erst möglich, einen Betriebsrat zu wählen. Diese auch als "Lex Ryanair" bekannte Reform wurde 2019 Realität.
Umso unverständlicher ist es für ver.di, dass die Beschäftigten bei den Konzerntöchtern in Berlin und Köln noch immer um ihr Recht kämpfen müssen, denn wenn die Politik eine Reform unter dem Titel "Lex Ryanair" einbringt, dann sollte davon auszugehen sein, dass damit auch die Beschäftigten bei Ryanair gemeint sind. Für ver.di bleibt völlig klar, dass neue Formen der Arbeitsorganisation nicht zu einem Ende der Mitbestimmung führen dürfen.
"Nun wird das Bundesarbeitsgericht die unterschiedlichen Einschätzungen bewerten müssen. Und diese Bewertung kann weitreichende Folgen haben: Sollte sich der Standpunkt der Ryanair-Group durchsetzen, könnte es die Mitbestimmung in vielen Bereichen gefährden, die mobile oder geringe Betriebsmittel benötigen. Reinigung, Sicherheitsdienste, Lieferservices, sie alle könnten sich der Mitbestimmung über eine Verwaltung in einem Nachbarland entziehen", sagt Antje Dieterich.
Marion Lühring