Ausgabe 05/2025
Viel Stress, zu wenig Lohn
Die Wahrheit ist bitter: Von guter Arbeit kann im Handel keine Rede sein. ver.di hat tausende Beschäftigte im Einzelhandel sowie im Groß- und Außenhandel zu ihren Arbeitsbedingungen befragt. Die Ergebnisse sind alarmierend: niedriger Lohn, gesundheitsbelastende Arbeit, zunehmender Stress durch die Digitalisierung. "Viele Beschäftigte kehren dem Handel schon jetzt den Rücken zu, weil sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr ertragen", berichtet das für den Handel zuständige ver.di-Bundesvorstandsmitglied Silke Zimmer. Veränderungen seien dringend erforderlich, wenn der Handel Personal halten oder gewinnen wolle.
Das sind die Ergebnisse:
79 Prozent der Beschäftigten im Handel halten ihren Lohn, angesichts ihrer Arbeitsleistung für wenig oder gar nicht angemessen. Für 52 Prozent der Befragten reicht der Monatslohn nur gerade so zum Leben aus. Bei 19 Prozent reicht er gar nicht. 68 Prozent glauben, dass ihre Rente später zum Leben nicht reichen wird.
Zudem beklagen die Beschäftigten die hohe Arbeitsbelastung: 67 Prozent der Befragten geben an, durch die Arbeit gesundheitlich in hohem und sehr hohem Maße belastet zu sein. 62 Prozent würden den Job am liebsten wechseln. Und 78 Prozent der Teilnehmenden können sich wegen der hohen Belastungen nicht vorstellen, ihren Job ohne Einschränkungen bis zur Rente durchzuhalten.
"Viele Beschäftigte kehren dem Handel schon jetzt den Rücken zu, weil sie die Arbeitsbedingungen nicht mehr ertragen" Silke Zimmer, ver.di-Bundesvorstandsmitglied
Bei 63 Prozent der Beschäftigten spielt die Digitalisierung eine große und sehr große Rolle: Die Belastungen seien dadurch größer geworden. Statt die Beschäftigten zu entlasten, klagen 49 Prozent der Befragten, dass die Digitalisierung als Kontrollinstrument eingesetzt wird, was für zusätzlichen Stress sorgt.
46 Prozent klagen über eine herablassende Behandlung – 51 Prozent durch Kundinnen und Kunden und 47 Prozent durch Vorgesetzte. Der Handel brauche Führungskräfte, die sich vor ihre Beschäftigten stellen und sie unterstützen, kritisiert Silke Zimmer die Zustände.
Zimmer fordert: "Sowohl bei den körperlichen Anforderungen als auch bei der Arbeitsintensität muss der Handel dringend für Entlastung sorgen. Dafür brauchen wir tarifvertragliche Regelungen für mehr Gute Arbeit und gesundheitsförderliche Führung. Denn Gute Arbeit ist kein Luxusgut, sondern ein Recht der Beschäftigten, um im Job langfristig bestehen zu können. Dafür kämpfen wir."
Die Tätigkeit im Handel müsse insgesamt dringend besser entlohnt werden. Und insbesondere im Einzelhandel bedürfe es in größerem Maße familienfreundlicher Vollzeit-Arbeitsverträge, damit die Menschen davon würdevoll leben und eine auskömmliche Rente beziehen können, so die Gewerkschafterin. -ml