13 Fachbereiche, 14 Ressorts und rund 1000 Berufe – nicht immer nutzt ver.di die Vielfalt ihrer Organisationsbereiche für gemeinsame Aktionen, wenn es möglich wäre, aber immer öfter

Aktionstag gegen Leiharbeit: fachbereichs- und gewerkschaftsübergreifend vor dem Bundeskanzleramt

Von Gudrun Giese

Die ver.di-Satzung sieht sie nicht ausdrücklich vor, trotzdem sind sie gerne gesehen: fachbereichsübergreifende Veranstaltungen, Aktionen, Streiks. Doch gerade gemeinsame Streiks gehören zu den eher seltenen Ereignissen, häufiger initiieren etwa die Personengruppen in ver.di übergreifende Veranstaltungen - sei es zum Thema Geschlechtergerechtigkeit, Erwerbslosigkeit oder der Rente mit 67.

Anfang 2004 kam es aber im niedersächsischen Oldenburg tatsächlich zum erwünschten gemeinsamen Arbeitskampf: Über sechs Wochen lang streikten Redakteur/innen der Nordwest-Zeitung für einen neuen Tarifvertrag - und 20 Drucker aus demselben Verlag solidarisierten sich, indem sie für eine Nachtschicht die Arbeit niederlegten.

Solidaritätsstreiks sind zulässig

Solidaritätsstreiks und -aktionen gab es auch im März/April 2006 in vielen Städten Nordrhein-Westfalens. Die Beschäftigten der Landesdienststellen streikten gegen längere Arbeitszeiten und Einkommenseinbußen - und Kolleg/innen aus Kommunalverwaltungen und -einrichtungen machten mit. Am 10. März 2006 etwa kamen 5700 Beschäftigte aus Sparkassen, Stadtwerken, Bäderbetrieben, Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen in Duisburg, Essen, Bochum, Dortmund, Recklinghausen und Herne zusammen. Ein Jahr später erklärte das Bundesarbeitsgericht übrigens die Solidaritätsstreiks ausdrücklich für zulässig; die Arbeitgeber hatten die Rechtmäßigkeit bestritten.

Aus welchen Fachbereichen im Einzelnen sie kamen, ist im Nachhinein schwer festzustellen: Auf jeden Fall beteiligten sich am 30. Mai 2007 rund 50000 Kolleg/innen in 75 ver.di-Bezirken am bundesweiten Solidaritätstag mit den streikenden Telekom-Beschäftigten. Auch in den Arbeitskampfrunden der Telekom und des Öffentlichen Dienstes Anfang 2011 gab es in der ersten Märzwoche gemeinsame Streiks.

Ebenfalls zu einer gemeinsamen Kundgebung hatten am 20. Januar 2009 die bayerischen Landesbeschäftigten sowie die Erzieher/innen und Sozialpädagog/innen aufgerufen, deren Tarifverhandlungen fast zeitgleich begannen.

Stärker verbreitet sind allerdings fachbereichsübergreifende Veranstaltungen außerhalb von Tarifrunden. Im ver.di-Bezirk Südwestfalen etwa fand im Sommer 2007 eine Woche lang eine ver.di-Gesamtpräsentation statt. "Alle Fachbereiche und Personengruppen haben sich in der Innenstadt von Hagen mit fantasievollen Aktionen den Bürger/innen vorgestellt", erinnert sich Karsten Braun vom Fachbereich 13 des Bezirks, der die sehr erfolgreiche Veranstaltung seinerzeit organisiert hat.

Im Bezirk Emscher-Lippe Nord gab es am 26. Juni 2010 erstmals eine fachbereichsübergreifende Veranstaltung mit den ehrenamtlichen Mitgliedern aus acht Fachbereichen. "Das kam sehr gut an und hat sogar Kosten gespart, weil nicht jeder Fachbereich einzeln zur Konferenz einladen musste", sagt die Bezirksgeschäftsführerin Andrea Becker. Die gemeinsame Fachbereichsveranstaltung soll es auch in Zukunft geben, und inzwischen haben auch einige der Nachbarbezirke angekündigt, nachzuziehen.

Auf den Weg gebracht

Und zudem: Vor allem die inhaltliche Zusammenarbeit funktioniert innerhalb von ver.di häufig auch fachbereichsübergreifend. Im Bezirk Köln etwa gibt es bereits seit der ver.di-Gründung eine übergreifende Arbeitsgruppe zum Thema Daseinsvorsorge: "Dort gibt es eine intensive Kooperation der Kolleg/innen unter anderem aus den Bereichen Entsorgung, öffentlicher Nahverkehr, Krankenhäuser", berichtet Bezirksgeschäftsführerin Christa Nottebaum.

Dass ver.di sehr gut mobilisieren kann, zeigt sich zudem regelmäßig auch bei größeren Veranstaltungen: So beteiligte sich ver.di mit mehr als 300 Veranstaltungen am bundesweiten Aktionstag gegen den Missbrauch von Leiharbeit am 24. Februar 2011. Und mit großem Erfolg hat die ver.di-Jugend ebenfalls in diesem Februar zur Teilnahme an der Demonstration gegen einen Neonazi-Aufmarsch in Dresden aufgerufen.

Die kleine Auswahl, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, macht deutlich, dass es viele Möglichkeiten und Ansätze für eine fachbereichsübergreifende Arbeit in ver.di gibt. Nur: Sie müssen auch auf den Weg gebracht werden.