Die Angestellten der beiden Berliner Casinos am Alexanderplatz sehen sich bei ihren Gehältern betrogen

Seit der Jahrtausendwende setzen die etwa 100 Angestellten der beiden Spielcasinos am Alexanderplatz auf bessere Zahlen - auf ihren Gehaltsabrechnungen. Doch ihr Kampf ist bislang erfolgloser als das seltene Glück der Spieler am Roulette oder an den Automaten. Selbst ein zweistündiger Warnstreik Mitte Januar brachte keine Bewegung in den Tarifstreit. "Wir haben eine Patt-Situation", erklärt der ver.di-Sekretär Jens-Holger Wulf vom Fachbereich Finanzdienstleistungen des Bezirkes Berlin-Brandenburg.

Die Einkommen sind an die Einnahmen gebunden

An diesem Patt kleben auf der Arbeitgeberseite - das sind die Westdeutschen Spielbanken, sinnigerweise eine GmbH - jede Menge Ungereimtheiten. Die wichtigste: Das Einkommen der Beschäftigten ist an die Spiel-Einnahmen gebunden. Die kann man sich als großen Topf vorstellen, in den im "klassischen Spiel" etwa Einnahmen aus dem Tronc, der Trinkgeldkasse, oder aus eingelösten Plein-Stücken beim Glücksspiel mit Zahlen fließen. Selbst bei rückgängiger Spielleidenschaft dürften die Gehälter nicht sinken, weil die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen die Gewinne unbesteuert lässt, damit aus ihnen Anteile für die Entlohnung gezahlt werden können.

Im Jahr 2005 kassierte der Arbeitgeber zum Beispiel 1,2 Millionen Euro an Gewinnen. Bei den Angestellten kommt von diesen Gewinnen aber immer weniger an. Beschwerden des Betriebsrats wurden mit dem Verweis auf das Steuergeheimnis und den Tarifvertrag abgeschmettert. Wegen angeblich sinkender Einnahmen wurden im vergangenen September zudem Tische des "Französischen Roulettes" aus dem Spielsaal entfernt und neun Mitarbeiter erhielten ihre Kündigung.

Als die "ver.di Arbeitsgruppe Spielbanken" dieses eigentümliche Pokerspiel aufdeckte und sich die Presse darauf stürzte, wurde dem Betriebsratsvorsitzenden fristlos gekündigt. Dazu verweigerte der Betriebsrat im Gegenzug seine Zustimmung, woraufhin die Geschäftsleitung des Casino Berlin im Dezember die Tarifverhandlungen absagte: Man sehe keine "hinreichende Vertrauensgrundlage" für Verhandlungen, so die Glücksspiel-Bosse. Die verlangten obendrein eine Erklärung, dass alles bei ihnen mit rechten Dingen zugehen würde.

Beschäftigte wollen über Gewinne Bescheid wissen

Geht es nicht! Sagt ver.di-Verhandlungsführer Jens-Holger Wulf, der der Presse weder erklären kann, noch erklären will, dass im Casino bei den Mitarbeitern mit ungezinkten Karten gespielt wird. verdi fordert Aufklärung und die Fortsetzung der Tarifverhandlungen ohne Vorbedingungen. Wulf weiß, dass die Spielbankbetreiber zumindest einem ihre Tricks zeigen müssen: dem Finanzsenator. Dessen Kontrolle ist zwingend nötig.BAL