Die Eintragungsfrist für die beiden Volksbegehren läuft. Tragen Sie sich jetzt in einem Bezirksamt ein! Darum bittet Angelika Gardiner - eine der drei Vertrauenspersonen der Initiative, die die Volksbegehren trägt

ver.di PUBLIK | Was sollen unsere Leser/innen über Sie als Person wissen?

Angelika Gardiner | Ich bin Urbayerin, 1941 in München geboren, und gelernte Journalistin, habe sieben Jahre beim Münchner Merkur, elf Jahre beim Bayerischen Rundfunk und bis zur Rente 22 Jahre bei der Brigitte gearbeitet. Deshalb bin ich auch zu den Nordlichtern gekommen. Bei der Brigitte habe ich mich vorwiegend mit Problemen der Entwicklungsländer und Fragen der Bürgerrechte, der Menschen- und Frauenrechte befasst. Themen waren etwa die Umweltkatastrophe am Aralsee oder größenwahnsinnige Staudammprojekte in Indien. Das war - um ein Vorurteil gegenüber einer Frauenzeitschrift zu korrigieren - solider Journalismus. Auch Fragen von Gerechtigkeit und Demokratie haben mich immer beschäftigt. Nach Hamburg habe ich meine bayerischen Erfahrungen mit der Bürgerbeteiligung mitgebracht.

ver.di PUBLIK | Und wie waren die?

Das bayerische Wahlrecht gibt den Bürgern zum Beispiel die Möglichkeit, bei der Wahl die Reihenfolge der von den Parteien aufgestellten Kanditat/innenlisten zu verändern und ihren Wunschkandidaten zu stärken. In Bayern ist es zudem selbstverständlich, dass die Bürger über viele ihrer Anliegen selbst entscheiden. Ich war beim ersten Volksbegehren in Bayern dabei, das 1967 die Abschaffung der Konfessionsschule durchsetzte. Ich habe mich dann sehr gewundert, wie viel weniger Mitspracherechte die Hamburger/innen hatten, wo doch die Hansestadt aus der Ferne so viel demokratischer wirkte als Bayern.

Vor dem Harburger Servicebüro der Gewerkschaften am Schlossmühlendamm

ver.di PUBLIK | Das Mitmischen in Hamburg lag dann wohl nahe?

Gardiner | Ja. Ich bin im Landesvorstand von "Mehr Demokratie e.V." und bin deren Vertrauensperson in der Initiative zur Rettung und Stärkung des Volksentscheids. Die beiden anderen sind Frank Teichmüller, der frühere IG Metall-Chef, für die Gewerkschaften und Dr. Jürgen Mackensen für die Patriotische Gesellschaft. Insgesamt trägt ein Bündnis von mehr als 30 Parteien, Gewerkschaften, Verbänden, Vereinen und Initiativen die beiden Volksbegehren. Dabei folgen wir strikt dem Prinzip der Überparteilichkeit. Das Ziel eint uns, nicht die Zugehörigkeit zu einer Partei. Nach meiner festen Überzeugung kann man auch außerhalb der Parteien gut für die Demokratie streiten!

Alle Entscheidungen der Initiative werden in regelmäßigen Bündnistreffen mit deutlicher Mehrheit getroffen. Die Vielfalt ist unsere Stärke. So ist gewährleistet, dass wir überall in der Stadt verankert sind und unterschiedliche Ideen und Kulturen eingebracht werden. Jetzt gilt es: Wir brauchen etwa 62000 Eintragungen für jedes der beiden Volksbegehren, damit es voraussichtlich zum Termin der nächsten Bürgerschaftswahl zum Volksentscheid kommt.

ver.di PUBLIK | Warum sollen unsere Leser/innen sich eintragen?

Gardiner | In einer lebendigen Demokratie dürfen die Bürger nicht alles allein den gewählten Politikern überlassen. Sie lebt von der echten, nicht nur formalen Bürgerbeteiligung. In funktionierenden Gemeinwesen mit starker Bürgerbeteiligung sind die Menschen zufriedener. Das zeigen die Beispiele aus der Schweiz, Australien, Neuseeland und Skandinavien. Wenn wir unser Ziel jetzt nicht erreichen, ist die Volksgesetzgebung in Hamburg auf lange Zeit hin erledigt, zum Schaden der Demokratie. Deshalb kämpfen wir für faire und verbindliche Volksentscheide.

Interview: JÖRG-DIETER BISCHKE-PERGANDE

FOTOS: INITIATIVE UND PETRA HeeSe