Nahezu unüberschaubar sind die Möglichkeiten, für das Alter vorzusorgen. Die Aktion Altersvorsorge macht Schule will mit neutralen Informationen ein Wegweiser sein

Dirk R. Schuchardt gibt als Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung Rheinland Kurse im Rahmen der Aktion Altersvorsorge macht Schule und ist stellvertretender Personalratsvorsitzender

ver.di publik | An wen richten sich die Kurse?

schuchardt | Die Kurse richten sich an alle. Bislang weiß ich, dass eher die Älteren kommen, zwischen 40 und 55 Jahren. Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass die, die es betrifft, also die mit geringen Einkünften, sich noch nicht von dieser Aktion haben ansprechen lassen.

ver.di publik | Warum ist es so schwer, junge Leute anzusprechen?

schuchardt | Das Thema ist noch zu weit von deren Lebenswirklichkeit entfernt, als dass sie das bewusst im Kopf haben. Es ist schwer, sich vorzustellen, dass man alt wird. Wenn sie 20 oder 30 Jahre alt sind, stehen andere Themen im Vordergrund: Spaß haben, Party feiern. Es geht um das erste eigene Geld, die eigene Wohnung, das eigene Auto. Da denken sie nicht daran, dass sie irgendwann einmal 67 Jahre alt werden und womöglich noch eine Lebensspanne von 20 oder 25 Jahren vor sich haben, die sie in irgendeiner Art und Weise überbrücken müssen.

ver.di publik | Wie erklären Sie sich das Interesse der 40- bis 55-Jährigen?

schuchardt | Viele, die so um die 40 sind, haben ihre Renteninformation schon mal gelesen. Sie haben gemerkt, dass das, was aus der gesetzlichen Rentenversicherung kommen wird, nicht reicht, um den Lebensstandard zu halten. Ich bin mir sicher, dass die gesetzliche Rente auch in Zukunft noch eine Grundversorgung darstellt, aber sie wird nicht mehr den heutigen Lebensstandard sichern. Dadurch ist man zur ergänzenden Vorsorge gezwungen.

Die um die 40-Jährigen stellen häufig fest, dass sie sehr viel Geld investieren müssten, um eine komfortable private Altersvorsorge zu haben. Schauen sie dann in ihr Portemonnaie, merken sie, dass sie das nicht können. Das ist natürlich eine ganz bittere Erfahrung.

Ein Werbemotiv der Aktion: die Expertin in eigener Sache . FOTO: AMS

Ein Zwiegespräch mit dem zukünftigen Ich führen

ver.di publik | Warum ist es sinnvoll, zu den Seminaren zu kommen?

schuchardt | Private Altersvorsorge ist nichts anderes als ein Zwiegespräch mit dem zukünftigen Ich. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen irgendwann mit 75 auf der Parkbank, und denken darüber nach, was habe ich mit 30 oder 40 Jahren für Entscheidungen getroffen hinsichtlich meiner Altersvorsorge. Ok, man kann mal eine falsche Entscheidung getroffen haben. Aber viel heftiger finde ich, wenn man feststellt, "Ich habe damals von dem Problem gewusst, hab‘ mich damit aber nicht beschäftigt" - und nun muss man unter diesen Folgen leiden. Nur noch von der gesetzlichen Rentenversicherung zu leben, wird im Alter sicherlich nicht so angenehm werden.

Für mich persönlich schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Als Gewerkschafter sage ich, der Gesetzgeber hat heftig eingegriffen. Die Altersvorsorge wird nicht mehr paritätisch finanziert, denn die Riester-Rente zahlt der Arbeitnehmer allein. Und jetzt darf er noch an der Volkshochschule nachsitzen. Als Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung sage ich, alles ist komplizierter geworden, deswegen ist es wichtig, sich neutral zu informieren.

Profitiert nur der Vetreter oder profitiere ich von dem Vertrag?

ver.di publik | Worum geht es in den Kursen?

schuchardt | Es geht darum, dafür zu sensibilisieren, dass private Altersvorsorge Not tut. Wir stellen die Möglichkeiten privater Altersvorsorge dar, also zum Beispiel den Sinn oder eher Unsinn von Kapitallebensversicherungen oder die Vor- und Nachteile betrieblicher Altersvorsorge. Wir stellen dar, wie die Riester-Rente funktioniert oder wie andere Anlageformen zu bewerten sind.

Wir vermitteln auch, welche Provisionen Bankmitarbeiter und Versicherungsvertreter für die abgeschlossenen Verträge bekommen. So kann ich in einem Gespräch mit einem Versicherungsvertreter merken, ob der angebotene Vertrag eher mir oder dem Vertreter nutzt.

ver.di publik | Geben Sie konkrete Empfehlungen?

schuchardt | Die Kurse halten Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung. Wir haben nur eine Wegweiserfunktion. Wir dürfen nicht konkret beraten. Wir sollen so viel Hintergrundwissen vermitteln, dass sich die Teilnehmer nicht über den Tisch ziehen lassen und dass sie im Beratungsgespräch mit Banken und Versicherungen die richtigen Fragen stellen können.

Interview: Heike Langenberg

Infos

Die Initiative "Altersvorsorge macht Schule" bietet bundesweit in mehr als 500 Volkshochschulen Kurse an. In ihnen wird über alle Aspekte der Altersvorsorge informiert. Die Kurse dauern zwölf Unterrichtsstunden und werden je nach Volkshochschule als Abend-, Intensiv- oder Wochenendseminar angeboten. Sie kosten 20 Euro inklusive der Kursunterlagen und Zugang zu einer weiterführenden eLearning-Plattform im Internet. Die Kurse wenden sich an alle, die fürs Alter ein Zusatzpolster aufbauen wollen, unabhängig von Vorkenntnissen oder finanziellen Möglichkeiten.

Die Initiative wird unterstützt von der Bundesregierung, dem Deutschen Volkshochschul-Verband, der Deutschen Rentenversicherung, dem Verbraucherzentrale Bundesverband, dem DGB sowie der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

Die Kursinhalte:

  • Wie könnte mein Leben im Alter aussehen?
  • Was bekomme ich als Rente?
  • Soll ich privat vorsorgen und wenn ja, wie?
  • Betriebliche Altersvorsorge - der bessere Weg für mich?
  • Was kann und soll ich zusätzlich für die Altersvorsorge tun?
  • Wie wähle ich das Altersvorsorgeprodukt, das zu mir passt?
  • Wie schätze ich Beratungsgespräche richtig ein?

Informationen:

Infobüro Altersvorsorge macht Schule, Reichenberger Str. 113a, 10999 Berlin, E-Mail infobuero@altersvorsorge-macht-schule.de, Internet: www.altervorsorge-macht-schule.de, Info-Hotline 0800/10004800 (kostenloses Servicetelefon der Rentenversicherungsträger)