Niederlage für Rechtsanwalt Naujoks, der Unternehmen zeigen will, wie sie "Unkündbare" loswerden

Seit Anfang des Jahres hat der Chef einer süddeutschen Volksbank versucht, die ver.di-Funktionärin und Betriebsratsvorsitzende Andrea Widzinski loszuwerden (ver.di PUBLIK 11/2006 und 4/2007). Nach heftigen Protesten und wochenlangen Aktionen sind die Kündigungen jetzt vom Tisch. Das ist auch eine Niederlage für Rechtsanwalt Helmut Naujoks, den die Bank engagiert hatte. Naujoks hat sich auf die "Kündigung von ‚Unkündbaren'" spezialisiert.

Besser dem Vorstand kündigen? Unterstützung für die Betriebsrätin

In den Rechtsabteilungen der deutschen Gewerkschaften gilt er als "Mann fürs Grobe". Der Duisburger Anwalt wirbt damit, zu wissen, wie man "unkündbare" Beschäftigte wie Betriebsräte oder Menschen mit Behinderungen loswerden kann. "Meist geht er nach einem bestimmten Muster vor", berichtet Christina Frank von ver.di in Stuttgart. Zuerst wird versucht, einen Keil zwischen die Beschäftigten und ihren Betriebsrat zu treiben. Dann sammeln Vorgesetzte Unterschriften gegen die Interessenvertreter und üben dabei oft massiven Druck aus. Parallel dazu werden Fehler gesucht, zum Beispiel bei Reisekostenabrechnungen. Oder man findet eine Äußerung, die als Beleidigung des Unternehmens oder Chefs gewertet werden kann. Schließlich folgen Amtsenthebungsverfahren, Abmahnungen und Kündigungen.

Bei Kabel Baden-Württemberg kamen so über hundert Verfahren gegen den Betriebsrat zustande. Nach drei Jahren Zermürbungstaktik, bei der Naujoks keines seiner Verfahren gewonnen hat, waren der Betriebsratsvorsitzende und seine Stellvertreterin gesundheitlich so angeschlagen, dass sie zurücktraten und das Unternehmen verlassen haben.

Die Betriebsrätin bleibt

Bei Andrea Widzinski ist das nicht gelungen. Sie geht mittlerweile wieder ihrer Arbeit als Betriebsratsvorsitzende nach. Und bald wird sie wieder am Verhandlungstisch mit den Arbeitgebern sitzen. Denn seit einem Jahr ist der Gehaltstarifvertrag für die Beschäftigten der 1250 Volks- und Raiffeisenbanken ausgelaufen; die Verhandlungen waren im Juli 2006 gescheitert.

Der Konflikt der Gewerkschaft mit Rechtsanwalt Naujoks wird weitergehen. "Wir warnen die Arbeitgeber davor, ihn zu engagieren", sagt Christina Frank. "Denn dann gehen sie das Risiko ein, dass wir den Fall über Wochen und Monate in die Öffentlichkeit ziehen." Auch Naujoks scheut die Öffentlichkeit scheinbar wie der Teufel das Weihwasser. Weder gegenüber der Stuttgarter Zeitung noch gegenüber den Stuttgarter Nachrichten war er zu einer Stellungnahme bereit. Dafür spricht sein Buch Die Kündigung von "Unkündbaren" mit reißerischen Zwischenüberschriften eine deutliche Sprache: "Demontage des Arbeitnehmers", "Zermürbungsstrategie", "Strategisches Schikanieren des Arbeitnehmers" oder "Psycho-Folter durch den Arbeitgeber".

Der ver.di-Bezirk Stuttgart warf Naujoks deshalb vor, eine "Anleitung zum Psychoterror und systematischen Mobbing" veröffentlicht zu haben, darf dies aber seit Mitte April nicht mehr behaupten. Das setzte Naujoks mit Hilfe des Hamburger Prominentenanwalts Matthias Prinz durch, der auch Prinzessin Caroline vertreten hat. ver.di hat gegen die einstweilige Verfügung Beschwerde eingelegt. Im Übrigen bietet ver.di Opfern von Naujoks und ähnlichen Anwälten Unterstützung an. Christina Frank: "Vielleicht werden wir bald ein Schwarzbuch darüber anlegen."

HERRMANN ABMAYR

Vorstand kontra Betriebsrat

ver.di mobilisiert im sächsischen Riesa zu Aktionen gegen den Vorstand der Volksbank. Der Vorstandsvorsitzende hatte erklärt, er werde so lange Kündigungen aussprechen, bis die Zahl der Beschäftigten von 115 auf unter 100 sinkt, um die Gründung eines Wirtschaftsausschusses durch den Betriebsrat zu verhindern.

Der Betriebsrat setzte über eine Einigungsstelle einen Sozialplan durch. Der Vorstand begann mit dem Stellenabbau und geht gegen den Betriebsratsvorsitzenden Michael Buchholz vor. Ausgesprochene Abmahnungen wurden vor Gericht als ungültig erklärt, trotzdem wurde Michael Buchholz gekündigt und ein Hausverbot ausgesprochen.

ver.di erklärt, es sei an der Zeit, "dem Vorstand mitzuteilen, dass man so nicht mit Beschäftigten und gewählten Arbeitnehmervertretern umgehen kann" und bittet um Unterstützung.

Kontakt: Stefan Wittmann, Tel. 0341/2160990