Ausgabe 05/2007
Im Werbefieber
50 neue Mitglieder hat ver.di in der Arbeitsagentur und der Arbeitsgemeinschaft Saarbrücken seit Ende 2006
Ralf Kreckmann arbeitet seit zwei Jahren bei der Arbeitsagentur Saarbrücken im Arbeitgeberservice. Vor kurzem ist der 41-jährige Programmierer ver.di-Mitglied geworden. Mit dem Gedanken gespielt hatte er schon vorher, doch der letzte Impuls fehlte immer. Ähnlich ging es Kerstin Sandmeyer, die bei der Arbeitsgemeinschaft von Arbeitsagentur und Kommune (Arge) arbeitet. Die 35-jährige Juristin ist bei der Stadt angestellt, sie leitet das Büro der Geschäftsführung. Auch sie hatte schon darüber nachgedacht, Mitglied zu werden, "brauchte aber noch Zeit". Schließlich wurden beide von Kollegen überzeugt, und Kerstin hat seitdem selbst drei Neue geworben.
Motivationsschub und Wissensvorsprung
Für den nötigen Motivationsschub sorgte ein Seminar im November - und nicht nur bei Kerstin. 50 neue Mitglieder hat der ver.di-Fachbereich 4 (Sozialversicherung/Arbeitsverwaltung) seitdem in der Arbeitsagentur und der Arge Saarbrücken, alle wurden von Kolleg/innen gewonnen. Vier Tage dauerte das Seminar, das Teil des bundesweiten Konzepts zur Mitgliederentwicklung ist. Im November wurde es erstmals regional für Vertrauensleute und ver.di-Mitglieder bei der Arbeitsagentur und der Arbeitsgemeinschaft angeboten. Mit durchschlagendem Erfolg. Geboten wurden Informationen über Struktur, Arbeit und Aufgaben von ver.di, Kommunikations- und Moderationstechniken und Tarifrecht. Gaby Leinhäuser, eine der Teilnehmerinnen, war begeistert. Im Januar wurde die 51-jährige Diplom-Verwaltungswirtin und Teamleiterin zur Vertrauensfrau gewählt. "Das Seminar hat Argumentationshilfen und Verhaltensweisen im Werbegespräch so überzeugend vermittelt", erzählt sie, "dass jeder der 20 Teilnehmer anschließend fiebernd durchs Haus gerannt ist, um noch mehr Leute vom Sinn einer ver.di-Mitgliedschaft zu überzeugen."
Auch der frisch erworbene Wissensvorsprung über Tarifregelungen, Arbeitsbedingungen und geplante Personalveränderungen half dabei, denn die Beschäftigten sind zum Teil bei der Arbeitsagentur, zum Teil bei der Kommune angestellt, was unterschiedliche Vergütungen und Verträge mit sich bringt und so für Probleme sorgt. Als ver.di-Mitglied erhalten sie alle Informationen aus erster Hand, wissen Kerstin Sandmeyer und Gaby Leinhäuser, und so ausgerüstet können sie sich zusammen für den Erhalt von Arbeitsplätzen, die Entfristung von Verträgen, die Verbesserung der Arbeitsbeding- ungen und Tarifverträge einsetzen.
Als Mitglied darf man dann auch nörgeln
Dabei stehen die Neuen ihrer Organisation nicht unkritisch gegenüber. Sie beklagen den zu hohen Beitrag für Geringverdiener und empfinden manche Aktion als "zu populistisch". Aber die kritische Sicht spricht in ihren Augen nicht gegen, sondern für eine Mitgliedschaft. "Als Mitglied darf man dann auch nörgeln", meint Kerstin Sandmeyer, "und so für Verbesserungen sorgen." Für Ralf Kreckmann zählt als Argument auch, dass schließlich alle Beschäftigten von der Arbeit der Gewerkschaft profitieren. Sich selbst sieht er dann lieber als Teil des Sozialsystems der Gewerkschaft und nicht nur als Nutznießer.
So denken offenkundig viele bei Arbeitsagentur und Arbeitsgemeinschaft in Saarbrücken. Rund 75 Prozent der Beschäftigten sind in der Gewerkschaft, sagt Karl Obermann. Der 58-jährige Bereichsleiter, zuständig für die 13 Teams der Arbeitsagentur, ist seit 1974 Vertrauensleutesprecher und mitverantwortlich für den Erfolg. Als er anfing, zählte die ÖTV dort gerade mal 98 Mitglieder, heute sind von den knapp 500 Beschäftigten 375 bei ver.di organisiert. Die Ursache? "Beharrliche Arbeit." Drei Wochenendseminare bietet er den Mitgliedern im Jahr, bezieht alle Beschäftigten ein. Nur im Zusammenspiel von Haupt- und Ehrenamtlichen könne "brachliegendes Potenzial" erkannt werden. Das Seminar im November passte genau ins Konzept.
gabi hartmann
Bundesweite Seminare "Die Rolle der Gewerkschaften in Gesellschaft und Betrieb": 4. bis 8. Juni und 10. bis 14. September (Fachbereich 4).
Informationen und Anmeldung: Karl Obermann, Tel. 0172/6893381