Bessere Schulabschlüsse und noch immer schlechtere Bezahlung und Aufstiegschancen für Frauen

Gleiche Chancen für Frauen in Beruf und Gesellschaft. Ist das Thema nicht durch? Die jungen Frauen heute haben die besseren Schulabschlüsse, 56 Prozent der Abiturienten sind weiblich. Die jetzt 20-Jährigen sehen in Gleichstellungspolitik meist nur noch eine Reparatur- und Subventionspolitik für Frauen. Sie fühlen sich nicht benachteiligt. Und die Feministinnen sind die Spielverderber. Frauen diskutieren ihre Rolle in der Gesellschaft durchaus kontrovers. Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist täglich im Gespräch: Traditionelle Familienmodelle um die Vollzeitmutter und die berufstätige Mutter sind die Pole. Ist Chancengleichheit nur ein Ideal, und wie zeigt sich das speziell in den Bundesländern unseres Landesbezirkes?

Ein Blick in die Statistik

Weil sich vieles an Fakten und Zahlen festmachen lässt, werfen wir einen Blick auf die Erwerbstätigkeit und die Bezahlung. In den westlichen Bundesländern verdienen Frauen etwa 22 Prozent weniger als die Männer, in Ostdeutschland etwa zehn Prozent. Die Schere geht dabei aber wieder leicht auseinander. Die Mehrheit der Frauen in den alten Bundesländern arbeitet in Teilzeit und in geringfügigen Beschäftigungen. Die Frauen in Ostdeutschland sind oft besser qualifiziert, arbeiten mehr in Vollzeit, jedoch oft unter ihren Abschlüssen. Die Gehaltstabellen zeigen: Auch im gleichen Beruf verdienen Frauen weniger, zum Teil erheblich.

Wie entstehen diese Unterschiede? Frauen arbeiten mehr in Teilzeit oder sie werden einfach niedriger eingestuft. Auf den Karriereleitern stehen sie öfter auf den unteren Stufen. In der oberen Führungsebene sind in Kleinbetrieben und im öffentlichen Dienst 25 Prozent Frauen, in Großbetrieben nur noch vier Prozent. Die zweite Führungsebene ist mit 40 Prozent deutlich besser weiblich besetzt.

Interessant ist auch, dass die schon erwähnten heute 20-Jährigen meist ihren Vorteil der besseren Schulabschlüsse verlieren, sobald sie in das Berufsleben eintreten.

Es ist nach wie vor so, dass Berufe, die vorwiegend Frauen ausüben, schlechter bezahlt sind als die, in denen Männer dominieren. In der öffentlichen Verwaltung, der Erziehung, im Gesundheits- und Sozialwesen - hier arbeiten 40 Prozent der erwerbstätigen Frauen und 20 Prozent Männer. Die Einkommen sind niedriger als die mit vergleichbarem Bildungsabschluss in der Industrie. In den Führungsetagen sind in unseren Bundesländern etwa 30 Prozent Frauen vertreten, im Westen im Schnitt 23 Prozent.

Damit in allen Bereichen und Ländern mehr Frauen Leitungsfunktionen übernehmen, entstanden Mentoringprogramme und Karrierenetzwerke. Auch der Anfang für eine bessere Kinderbetreuung und eine flexibler zu gestaltende Arbeitszeit ist gemacht. Es ist nicht nur die demografische Entwicklung, die konsequent gleiche Chancen für die Frauen verlangt. Unser gesellschaftliches Prinzip sollte geprägt sein von der Geschlechtergerechtigkeit. Da müssen nicht die Frauen allein rudern, sie haben sich schon tüchtig bewegt. Die Männer müssen mitziehen, auch anders denken lernen und handeln. Und sie müssen besser teilen lernen.

Leistungsorientierte Bezahlung im öffentlichen Dienst - eine Chance für Frauen?

Momentan werden in Thüringen und Sachsen im öffentlichen Dienst die Dienstvereinbarungen für die leistungsorientierte Entlohnung ausgehandelt. Das neueTarifrecht soll diskriminierungsfrei sein und gerecht bei der Vergütung. Benachteiligungen von Beschäftigten bei Teilzeit, nach Geschlecht, Befristung, Behinderung und ethnischer Herkunft sind auszuschließen. Die Verhandlungen gestalten sich nicht immer leicht. Arbeitnehmervertreter brauchen Wissen, Verhandlungsgeschick und Durchsetzungsstärke. Bei den Beurteilungskriterien gibt es Fallen. Stereotype aus männlicher und weiblicher Sicht gilt es zu durchschauen: Belastbarkeit, intellektuelle Fähigkeiten, Durchsetzungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit und soziale Kompetenz. Und deshalb müssen die Beurteilungssysteme überschaubar und transparent sein und ermöglichen, mit objektiven einheitlichen Kriterien die Leistungen real einzuschätzen. Am Stil männlicher Führungskräfte, wie oft üblich, dürfen sie sich nicht orientieren. Damit dies gelingt, müssen auch die Beurteiler geschult werden.

In einigen Ämtern und Rathäusern hat dieser Prozess schon klare Ergebnisse. Die Gleichstellungsbeauftragte im Rathaus von Limbach-Oberfrohna, Gabriele Sonntag, erklärt beispielsweise, dass dort die Kriterien für die Beurteilungen an den Tätigkeiten und dem Arbeitsplatz gemessen und von Externen festgelegt wurden. Subjektives und persönliche Befindlichkeiten der Beurteiler haben da wenig Raum. Die Verhandlungen im öffentlichen Dienst könnten für die Frauen ein tarifliches Instrument entstehen lassen, das gerechter eine leistungsorientierte Bezahlung regelt. Regeln ist das Stichwort: Nur klare Festlegungen im Tarifvertrag schaffen Transparenz und verhindern Missbrauch oder Falschauslegungen. Das bringt den Frauen Gerechtigkeit.

Teilzeit ist weiblich und nicht immer freiwillig

Die Teilzeitquote bei Frauen im Osten ist mit 38,1 Prozent viel geringer als im Westen, wo sie bei 51,1 Prozent liegt. Vor allem im Osten ist die Entscheidung für eine Teilzeitstelle oft unfreiwillig: 54 Prozent der teilzeitbeschäftigten Männer und Frauen in Ostdeutschland sind laut Mikrozensus 2004 auf einer Teilzeitstelle beschäftigt, weil eine Vollzeitstelle nicht zu finden war.

Im öffentlichen Dienst gibt es bei uns in vielen Einrichtungen und Kommunen Tarifverträge, die durch Kürzung der Arbeitszeit mehr Beschäftigte ermöglichen, somit steigt auch die Zahl der Teilzeitbeschäftigten. Teilzeit liegt bundesweit in den Verwaltungen bei 23 Prozent, im verarbeitenden Gewerbe dagegen bei nur sechs Prozent.