Briefzusteller

Gericht stoppt Mindestlohn

Das Verwaltungsgericht Berlin hat am 7. März in einem Urteil gegen den Mindestlohn für Postdienstleister geurteilt. (Az VG 4 A 439.07). Mit der gesetzlichen Regelung habe das Bundesarbeitsministerium seine Befugnisse überschritten, argumentierten die Richter. Geklagt hatten die Postkonkurrenten TNT und Pin sowie der Bundesverband Kurier- und Expressdienste. Das Urteil ist allerdings noch nichts rechtskräftig, das Arbeitsministerium hat Berufung eingelegt. Die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis findet das Urteil "völlig unverständlich". Das Verwaltungsgericht habe damit die Axt an alle Mindestlohnverordnungen gelegt.

Zugleich hat ver.di bei der Staatsanwaltschaft Köln gegen die Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste (GNBZ) Anzeige erstattet. Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske sagte, es bestehe der Anfangsverdacht der Bestechlichkeit im Geschäftsverkehr. Nach Recherchen des Fernsehmagazins Report Mainz gebe es Hinweise darauf, dass die GNBZ durch Arbeitgeber der Postbranche finanziell und organisatorisch unterstützt werde.

Die Gewerkschaftsinternationale Uni kündigte an, am 18. März vor der TNT-Konzernzentrale in Luxemburg zu demonstrieren. Anlass ist die Weigerung des Unternehmens, den deutschen Beschäftigten den Mindestlohn aus-zuzahlen.


index gute arbeit

Balance bleibt schwierig

42 Prozent der Beschäftigten haben erhebliche Probleme, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen beruflichem und privatem Leben zu finden. 26 Prozent haben nach dieser Sonderauswertung des DGB-Index "Gute Arbeit" angegeben, dass ihr Arbeitgeber familiäre Bedürfnisse gar nicht berücksichtigt. Vollzeitbeschäftigte arbeiten durchschnittlich 44 Stunden, würden aber 38 Stunden bevorzugen. Die meisten Teilzeitbeschäftigten würden hingegen - aus finanziellen Gründen - gerne länger arbeiten.

www.dgb-index-gute-arbeit.de


7. Ausländerbericht

Bildung im Zentrum

Im 7. Bericht zur Lage der Ausländer/innen wird die Bildung als Thema von zentraler Bedeutung hervorgehoben. Dem Bericht zufolge beträgt der Anteil der Schulabbrecher bei ausländischen Jugendlichen rund 18 Prozent.

Auch der negative Trend bei der Ausbildungsbeteiligung ausländischer Jugendlicher setzt sich fort. Ihre Ausbildungsquote liegt nur noch bei 23 Prozent, rund 40 Prozent verbleiben ohne jegliche Berufsqualifizierung. Auch

auf dem Arbeitsmarkt sieht es für Migrant/innen schlecht aus. Das Risiko der Arbeitslosigkeit ist bei ihnen immer noch doppelt so hoch wie bei Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft.

Der Bericht zum Herunterladen:

www.migration-online.de/7_Auslaenderbericht

Europa

Arme Kinder

In Deutschland leben zwölf Prozent der Kinder in Armut. Das ist eine im europäischen Vergleich relativ niedrige Rate. Dennoch hat die EU-Kommission Deutschland angemahnt, mehr gegen Kinderarmut zu tun. Denn in Deutschland leben vergleichsweise viele arme Kinder in einem Arbeitslosen-Haushalt. Nötig sind nach Meinung der EU-Komission intensivere Eingliederungs- und Antidiskriminierungsmaßnahmen, insbesondere zugunsten von Zuwanderern und ihren Nachkommen. Außerdem fehle es an Betreuungsangeboten für Kinder Berufstätiger.


Buchtipp I

Arbeitfairteilen

Wer alle Argumente für den Wiedereinstieg in die Verkürzung der Arbeitszeit sucht, braucht dieses Büchlein. In konzentrierter Form wird klargestellt, dass jede Form der Arbeitszeitverlängerung Gift für den Arbeitsmarkt ist. Um das geleistete Arbeitsvolumen nur konstant zu halten, wäre Jahr für Jahr ein Wirtschaftswachstum in Höhe des Produktivitätsanstiegs erforderlich. Das erleben wir aber nur noch ganz selten. Deshalb fordern die Autoren als Mittel zur Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit die 30-Stunden-Woche. Und rechnen vor, wie das möglich ist - sogar mit vollem Lohnausgleich. Die Richtung ist alternativlos. Probleme bestehen jedoch angesichts der gegenwärtigen Machtverhältnisse bei der Umsetzung. Leider fehlt das Kapitel zu diesem Thema. NORBERT REUTER Heinz-J. Bontrup, Lars Niggemeyer, Jörg Melz: Arbeitfairteilen. Massenarbeitslosigkeit überwinden, AttacBasisTexte 27, vsa-Verlag, Hamburg, 94 Seiten, 6,50 €


Buchtipp II

Kritisches Jahrbuch 2007

Täglich kann man auf den www.nachdenkseiten.de nachlesen, was der Neoliberalismus in der Demokratie und bei den Menschen anrichtet. Albrecht Müller (Ex-Planungschef im Kanzleramt) und Wolfgang Lieb (Ex-Pressechef in der NRW-Staatskanzlei) klären mit Hilfe vieler Unterstützer über Professoren als Versicherungslobbyisten ebenso auf wie über Privatisierer öffentlichen Eigentums im Dienst von "Heuschrecken" und über deren publizistische Förderer. Nun legen sie mit dem Kritischen Jahrbuch 2007 eine Auswahl der wichtigsten Web-Beiträge des vergangenen Jahres vor. "Wenn Sie dieses Buch gelesen haben", schreiben die beiden Herausgeber, "dann sehen Sie das, was Sie täglich lesen und hören, mit anderen Augen. Sie werden skeptischer und kritischer denken."

Ulla Lessmann

Albrecht Müller, Wolfgang Lieb (Hg.),Das Kritische Jahrbuch 2007 , 320 Seiten, 13,80 € plus 3 € Versandkosten. Versand: Helmut Schmidt Medien GmbH, Burgstrasse 3, 53505 Kirchsahr, E-Mail: das-kritische-jahrbuch @nachdenkseiten.de


AZUBIS

Gesetz mit vielen Mängeln

Die Bundesregierung will 100000 benachteiligten Jugendlichen betriebliche Ausbildungsplätze verschaffen. Firmen sollen bis zu 6000 Euro von der Bundesagentur für Arbeit bekommen, wenn sie mit einem Jugendlichen einen Ausbildungsvertrag abschließen, der schon mindestens zwei Jahre eine Stelle sucht und höchstens ein Realschulzeugnis mit einer Vier in Mathe oder Deutsch vorweisen kann. Doch die Arbeitsagentur kann die Förderung auch bei anderen Bewerbern bewilligen. Deswegen wird mit hohen Mitnahmeeffekten gerechnet. Das Bundesinstitut für Berufsforschung geht davon aus, dass das Regierungsprogramm über 40000 Plätze öffentlich fördern wird, die auch ohne finanzielle Hilfen entstanden wären. Gegenwärtig suchen 330000 Menschen seit über einem Jahr vergeblich eine Lehrstelle.