"Zuerst schaue ich auf die Brille und auf die Zähne." Die das sagt, ist nicht etwa Vertreterin für Gesundheitsartikel, sondern Malerin und ver.di-Mitglied in der Fachgruppe Bildende Kunst. Mit einem Blick kann sie erkennen, wie es um den Kollegen, die Kollegin bestellt ist. Die große Mehrheit der Künstler kann von der Kunst allein nicht leben, ist auf einen Brotberuf oder eine "kleine Erbschaft" angewiesen.

Künstlerische und soziale Lebensstrategien standen denn auch im Mittelpunkt der Mitgliederversammlung der bildenden Künstler in ver.di Ende März im Frankfurter Gewerkschaftshaus. Der Kreis ist klein, die Probleme groß. Für die Gewerkschaft gibt es viel zu tun. Zum Beispiel beim Thema Ausstellungshonorare. Jeder Künstler ist darauf angewiesen, seine Werke auszustellen, um sich einen Namen zu machen und um verkaufen zu können. Ausstellungen könnten zum Einkommen beitragen. Die Wirklichkeit ist allerdings häufig rauer. Wie wird der Transport der Exponate organisiert und bezahlt? Wer kommt für die Versicherung auf? Kleine Formate werden gern schon mal geklaut. Das kann man nur dann schmeichelhaft finden, wenn sonst der Lebensunterhalt stimmt. Honorare? Häufig betrachten es die Galeristen als genug der Ehre, dass man bei ihnen ausstellen darf. Es wird zudem von kurios anmutenden Dingen berichtet, "die sich ergeben": Kunst als Zahlungsmittel, Autoreparatur oder Zahnersatz gegen Bild oder kleine Skulptur.

Die schwierige Lebenssituation der Einzelnen weist auf die schwierige Situation der Kunst in der Gesellschaft hin. Die Kommunen, selbst gedeckelt und aufs Gerippe runtergespart, geben nur Geld für das Nötigste aus. Dazu zählen sie in der Regel nicht Kunst und Künstler. Sollte eine Kommune die Prioritäten aber einmal anders setzen, kann sie angewiesen werden, zuerst Schulden abzubauen. Hätte Kunst allerdings in Hessen Verfassungsrang - eine schöne Aufgabe für die neue Landesregierung -, ginge es der Muse und damit auch den Künstlern besser. Als Erstes hat sich die Fachgruppe vorgenommen, ein Netzwerk unter Gleichen zu schaffen und im Internet konsequent über ihre Arbeit zu informieren.reb