Schöner Schein von Bremerhaven: Das Shoppingzentrum Mediterraneo

ver.di unterstützt in Göttingen und Hannover die Verfassungsbeschwerde von zwei Mitgliedern

Hannover | Shopping rund um die Uhr für Kunden, Horror fürs Personal: In Niedersachsen und Bremen dürfen die Läden montags bis samstags rund um die Uhr öffnen. Doch damit nicht genug: Auch die Sonn- und Feiertage werden immer mehr zu Arbeitstagen - zum Leidwesen der Beschäftigten im Einzelhandel.

Überall in Niedersachsen, aber auch im Land Bremen denken sich findige Citymanager immer neue Marketingideen aus, wie Midnight Shopping, verkaufsoffene Sonntage während großer Messen oder bekannter Volksfeste. "Die diversen Ausnahmen, wie zum Beispiel für Kur-, Erholungs- und Ausflugsorte oder für Hofläden und Bahnhofsgeschäfte, machen das Verkaufsverbot am Sonntag zur Farce", kritisiert Heiner Schilling, Fachsekretär für den Einzelhandel im ver.di-Landesbezirk Niedersachsen-Bremen.

Der Schutz von Sonn- und Feiertagen

"Das Maß ist voll", sagt der ver.di-Experte. Die Dienstleistungsgewerkschaft unterstützt daher zwei Betroffene aus Hannover und Göttingen, die gegen das niedersächsische Ladenschlussgesetz Verfassungsbeschwerde erhoben haben. Zur Begründung heißt es: Nach ver.di-Auffassung verletzt der Gesetzgeber verfassungsrechtlich vorgegebene Schutzpflichten. Dazu zählen der Schutz der körperlichen Unversehrtheit (besonders bei Nachtarbeit), der Schutz von Ehe und Familie sowie der Schutz von Sonn- und Feiertagen. Die Bundesländer hätten laut eines Gutachtens ausschließlich die Kompetenz für den wirtschaftsrechtlichen Teil der Ladenschlussgesetze, nicht jedoch für das Arbeitsschutzrecht. Das Gesetz sei deshalb in Teilen verfassungswidrig.

Auch in Bremerhaven brodelt es. Sollen doch im futuristischen Einkaufszentrum Mediterraneo und in der Innenstadt nach dem Willen des Oberbürgermeisters die Einzelhandelsgeschäfte an 40 Sonn- und Feiertagen im Jahr öffnen. Auch hier würde ver.di den juristischen Weg beschreiten und eine Klage unterstützen. Eine Resolution an den Bremer Senat, keinen Freigabebeschluss zu fassen, ist unterwegs. Denn in Artikel 55 der bremischen Landesverfassung steht: "Die Sonn- und Feiertage sind arbeitsfrei." Dieses Verfassungsgebot sei ein klarer Auftrag an die politisch Handelnden, sagt Heiner Schilling.

Während große Innenstadtkaufhäuser und Supermärkte mangels Nachfrage zwischen 21 und 22 Uhr schließen, sind die Läden in den Bahnhofspassagen auch sonntags rund um die Uhr geöffnet. Mit Spannung erwartet man bei ver.di in Hannover die Eröffnung des riesigen ECE-Centers am Hauptbahnhof und befürchtet "weitere negative Auswirkungen auf die Arbeitszeit" der Beschäftigten. "Der 7. Tag der Woche darf nicht dem Kommerz geopfert werden. Dieses ist das absolut falsche Signal!", heißt es.

Gleichzeitig appelliert der ver.di- Landesbezirksvorstand Niedersachsen-Bremen an den Bremer Senat, sich politisch für eine Allgemeinverbindlichkeit des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel stark zu machen. Immer mehr Händler verweigerten bei Sonn- und Feiertagsöffnungen die tariflich gesicherten Zuschläge von 100 Prozent. Fachsekretär Schilling: "Der Zuschlag ist eine Hürde für alle, die sonntags die Läden öffnen wollen. Der Manteltarifvertrag schützt somit die Sonn- und Feiertage vor zunehmender Kommerzialisierung."