Personalräte aus ostdeutschen Sparkassen diskutieren über Bewertungsmöglichkeiten

Chemnitz | Als "Minderleister", in der Arbeitgebersprache auch "Low performer", werden Kolleg/innen bezeichnet, deren Arbeitsleistung unter dem Schnitt eines vergleichbar durchschnittlich arbeitenden Kollegen liegt. Doch dabei muss man auch immer genau auf die möglichen Gründe schauen.

Weil dies im Alltag in den Sparkassen eine Rolle spielt, haben Stefan Wittmann, Fachbereichsleiter Finanzdienstleistungen im ver.di-Landesbezirk Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, und Personalräte der Sparkassen des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) dieses Thema auf die Tagesordnung ihrer Personalrätekonferenz gesetzt. Wilhelm-Heinrich Vorndamme, Richter am Sächsichen Landesarbeitsgericht, wies darauf hin, dass bei den Fällen, die in der letzten Zeit vor Gericht zu beurteilen waren, aufgefallen sei, dass Arbeitgeber oft immer mehr Leistung aus Beschäftigten herauskitzeln wollen. Der Vorwurf, weniger oder schlechter zu arbeiten als in einer Normleistung festgestellt, werde gern benutzt, um die Mitarbeiterstruktur zu bereinigen und "Jung-Dynamische" einzustellen. Die Sparkassen hätten das Bedürfnis, die Beschäftigten auszulesen und zu differenzieren, sagt Wittmann.

Niemand stellt in Abrede, dass es unterschiedliche Arbeitsleistungen gibt. Doch wie viele Fehler darf man sich leisten? Ist es gerechtfertigt, dass jemand eine Abmahnung bekommt, der bei täglich 290 Zahlungsvorgängen einen Fehler im Monat begeht?

Die Sparkassenvorstände sagen, sie hätten als Leistungsanreiz die Sparkassensonderzahlungen eingeführt. Vorgesetzte beurteilen dabei, wie die Arbeitsleistungen sind und welcher Anteil an den variablen Gehaltsbestandteilen den Beschäftigten ausgezahlt wird. Die Personalräte fordern die Einführung transparenter Beurteilungssysteme, genauere Stellen- und Aufgabenbeschreibungen und damit verbunden die Schulung von Führungskräften. Sie wollen keine willkürlichen Einschätzungen mehr.

Vom Olymp sieht man die Probleme der Basis nicht

Das sieht Hans-Jürgen Reinhold vom Vorstand des OSV anders. "Wir hier oben im Olymp sehen natürlich nicht alle Probleme an der Basis", sagt er. Personalsachen seien in der Zuständigkeit der Filialen. Mit Stellenbeschreibungen mit konkretem Anforderungsprofil täten sich die Sparkassen schwer. Das wisse er, da wolle er in Zukunft entsprechende Empfehlungen geben.

Damit regte Reinhold die Personalräte zum Widerspruch. Aus Kostengründen hätten die Sparkassen eine kontinuierliche Schulung ihrer Mitarbeiter, auch der so genannten Minderleister, in den letzten Jahren vernachlässigt. Heute falle ihnen dies auf die Füße: Fachkräftemangel. Es fehlten vor allem gute Leute im Back- Office-Bereich. Also dort, wo die Grundlagen für die Kundenarbeit gelegt werden. Die Sparkassen hätten als Ausbilder einen schlechten Ruf. Und das, obwohl man in Zukunft sogar um gute Schulabsolventen ringen müsse.

Da tut eine Qualitätsoffensive gut - wie sie die Personalräte fordern.

Birgit Tragsdorf