Auf dem Friedhof

Silke Stölting, 28, Friedhofsgärtnerin in Bielefeld, Mitglied der ver.di-Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst, Vertrauensfrau

Morgens um 7 Uhr treffen wir uns im Aufenthaltsraum am Haupteingang. Wir sind etwa 20. Der Meister verteilt die Arbeit, wir packen das Werkzeug und alles, was wir brauchen, auf den Bulli, und es geht los. Am schönsten finde ich, dass wir etwas produzieren, das man sehen kann. Über die Wege, die wir bauen, kann ich gehen. So sehe ich in zehn Jahren noch, was ich gemacht habe. Auf dem Sennefriedhof, dem drittgrößten Waldfriedhof Deutschlands, pflastern wir Wege, pflegen Grünanlagen. Eine Mischung aus Gärtnerei und Landschaftsbau. Früher haben wir auch die Pflanzen angezüchtet, das machen wir leider nicht mehr. Im Frühjahr haben wir den Heimtierfriedhof angelegt und die Fundamente für die neuen Grabstelen gegossen. Die wurden dann geliefert, wir haben sie aufgestellt. In den Stelen werden Urnen bestattet. Einen Lieblingsplatz habe ich auch: unsere neue Trockenmauer aus Sandsteinplatten.

Weite Wege

Gelernt habe ich Friedhofsgärtnerin. 1997 habe ich mich nach dem Realschulabschluss bei der Stadt beworben und den Eignungstest bestanden. Zuerst habe ich in der Innenstadt gearbeitet. Aber mähen Sie mal den Rasen auf dem Adenauerplatz, um den vierspurige Straßen tosen! Hier draußen gefällt es mir besser.

Viele denken, wir hätten bei der Stadt nicht viel zu tun. Stimmt nicht. Der Friedhof hat rund 100 Hektar Fläche. Da macht man Kilometer. Im Winter schneiden wir die Bäume. Trockene Äste, die dicker als drei Zentimeter sind, müssen wir absägen. Da kommen wir gar nicht hinterher. Im Sommer bauen wir neue Wege und erneuern alte. Abends weiß ich, was ich getan habe. Schlafprobleme habe ich keine. Die Arbeit belastet natürlich den Rücken. Zum Ausgleich mache ich Yoga.

Ich könnte meinen Meister machen, aber Meister sitzen viel im Büro und organisieren. Das wäre nichts für mich. Ich mag die Ruhe hier draußen und die Bewegung. Wenn die anderen im Büro sitzen, kriege ich im Frühling schon die ersten Sonnenstrahlen ab.

Protokoll R. FISHMAN