Über 4000 Menschen demonstrierten gegen den Plan der Landesregierung, in Oberhausen am Geld und Personal abzuspecken

"Wir werden nicht zulassen, dass diese Stadt kaputt gespart wird. Die Bezirksregierung und der NRW-Innenminister wollen Oberhausen die Zukunft verweigern. Dagegen wehren wir uns. Entlassungen, Steuererhöhungen, Schließungen, unterlassene Bauvorhaben sind die Rezepte der Bezirksregierung, mit denen insgesamt 150 Millionen Euro jährlich im städtischen Haushalt eingespart werden sollen." Der Beifall der über 4000 Menschen vor dem Oberhausener Rathaus am 27. Oktober wollte kein Ende nehmen, als Henrike Greven, Geschäftsführerin des ver.di-Bezirks Mülheim-Oberhausen, die Pläne der Landes- und Bezirksregierung kritisierte.

Aufgerufen zu dieser eindrucksvollen Demonstration hatte ein breites Bündnis von Kirchen, Gewerkschaften, Parteien, dem Oberbürgermeister, Unternehmern und zahlreichen Schulen und Ausbildungsbetrieben. Denn die 150 Millionen Euro Einsparungen pro Jahr in der hoch verschuldeten Stadt bedrohen rund 1000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Besonders perfide: Die Stadt soll die Ausbildung junger Menschen einstellen. Sandra vom Oberhausener Käthe-Kollwitz-Berufskolleg, die unter den Demonstranten steht, sagt: "Wie sieht es mit der Zukunft der Kinder aus, wenn die Stadt keine Erzieherinnen und Erzieher ausbildet? In Sonntagsreden ist Bildung und Erziehung wichtig, doch wenn es konkret wird, wütet hier der Rotstift".

Bereits vor der Demonstration hatte eine Personalversammlung der kommunalen Beschäftigten stattgefunden. Dort erklärte Gabriele Schmidt, ver.di-Landesleiterin in NRW: "Privat vor Staat, daran hat sich die Politik bis zum heutigen Tag orientiert und diesem Irrtum folgen sie nun bis zum endgültigen Niedergang des öffentlichen Dienstes. Statt sich um die ausreichende finanzielle Ausstattung von Städten, Gemeinden und Kreisen zu kümmern, bestraft die Politik Städte wie Oberhausen." Hier solle, so die Gewerkschafterin weiter, ein Exempel statuiert werden. Dabei gehört Oberhausen nicht zu den Städten, die sich am US-amerikanischen Immobilienmarkt verzockt haben.

Das ganze Ruhrgebiet blutet aus

Praktisch alle Ruhrgebietsstädte stehen vor der Pleite. Auf 1,6 Milliarden belaufen sich die Schulden in Oberhausen, in Essen sind es 2,5 Milliarden und die Stadt Mülheim geht davon aus, dass bei ihnen im Jahr 2010 nichts mehr geht. Die Ursachen für diese hohe Verschuldung ergeben sich zu einem großen Teil aus den Kosten des Strukturwandels im Ruhrgebiet. Der Zusammenbruch der Kohle- und Stahlindustrie hat die Ruhrgebietsstädte viele Milliarden gekostet. Aber auch eine verfehlte Steuerpolitik belastet die Haushalte der Kommunen. So befanden sich Ende 2006 197 der 427 Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen in der Haushaltssicherung. Seit Jahren warten die Kommunen zwischen Rhein und Ruhr auf eine Gemeindefinanzreform. Henrike Greven, ver.di, betont: "Oberhausen ist nur der Anfang. Die Finanzkrise der Banken und die damit verbundene Rettungsaktion zeigen uns aber, dass es geht. Das Geld ist da, wenn man den Willen hat, die Krise zu bekämpfen."UWE REEPEN