Maria Kniesburges ist Chefredakteurin der ver.di PUBLIK

Dass darüber monatelang erbittert gestritten werden muss, wirft ein grelles Licht auf den Zustand der Republik. Und das, worüber man sich einig ist, bringt vielen Menschen nicht einen müden Cent. Unter hellem Selbstbeifall hat die schwarz-rote Koalition ihr "Familienleistungsgesetz" durch den Bundestag gebracht.

Kindergelderhöhung. Eine gute Idee. Aber die Familien, die auf ALG II angewiesen sind, haben rein gar nichts davon, weil das Kindergeld ohnehin mit den erbärmlichen Hartz-Regelsätzen verrechnet wird. Die bekommen dafür ja auch etwas anderes, heißt es da: das Schulbedarfspaket. 100 Euro jährlich sollen den Kindern von Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-II-Empfängern zu Schuljahrsbeginn zugestanden werden. Davon müssen Stifte, Hefte, Bücher, Sportzeug und womöglich sogar noch ein Schulranzen oder ein Musikinstrument gekauft werden. Jeder und Jede, die je ein Schulkind auszustatten hatten, wissen, dass dieses Geld nicht reicht. 100 Euro - ein Witz, wenn man bedenkt, dass schon eine mittelmäßig akzeptable Schultasche unter 80 Euro kaum zu haben ist. Doch damit nicht genug.

Erhalten sollen die üppigen 100 Euro alle Kinder aus armen Familien von der ersten bis zur zehnten Klasse. Bis zur zehnten Klasse kann das Kind, egal wie intelligent und lerneifrig es ist, den Haupt- oder den Realschulabschluss erreichen. Dann ist Ebbe. Abitur für Hartz-IV-Kinder? Wo kämen wir da hin in unserer Bildungsrepublik? Immerhin: Die SPD hat erkannt, dass man zumindest diesen blanken Zynismus so nicht stehen lassen kann - und geißelt die Starrsinnigkeit des Koalitionspartners CDU/CSU, der die Gewährung des Schulpaketes bis zum Abitur allen sozialdemokratischen Bemühungen zum Trotz eisern blockiere. Selbst wenn die SPD sich letztlich durchsetzen sollte - allein der Streit hat abermals Abgründe offenbart. Abgründe der Ungerechtigkeit.