Gespräch mit Werner Pallußek von den ver.di-Senior/innen über Altersarmut und Rentneraktionen

Aktive ver.di-Senior/innen in der Münchner Innenstadt

Einige Politiker fordern, dass für das angeblich zur Bewältigung von Finanz- und Wirtschaftskrise geschnürte Schuldenpaket aus "Gerechtigkeitsgründen" auch Rentner und Pensionäre aufkommen sollen. ver.di PUBLIK sprach mit dem Münchner Vorsitzenden des ver.di-Seniorenausschusses über die Lebenssituation der Seniorinnen und Senioren, über aktuelle Politik und über Aktivitäten in München und Umgebung.

WERNER PALLUSSEK | Wenn Politiker glauben, dass bei den Rentnern und Pensionären noch etwas zu holen ist, sprich Rentenkürzungen, so kennen diese "Volksvertreter" die Situation nicht. Die Kaufkraft der Rentner sank von 2004 bis 2008 insgesamt um 8,5 Prozent. Allein in München leben circa 10000 Personen über 65 Jahre lediglich mit der Grundsicherung; das sind rund 850 Euro. Laut Auskunft des Sozialreferats steigt die Zahl bis 2020 auf 25000 an. Ich finde es geradezu zynisch, wenn Politiker Milliarden Euro an Finanzhaie und Wirtschaftsprofiteure verteilen, um das Geld dann wieder von den ärmeren Bevölkerungsschichten zu holen. Die Gerechtigkeit wird mit Füßen getreten. Bei den Rentenreformen und der Gesundheitsreform haben die Senioren schon zu viele Kürzungen ertragen müssen.

ver.di PUBLIK | Ex-Bundespräsident Roman Herzog warnt sogar vor einer "Rentnerdemokratie" und redet davon, "dass die Älteren die Jüngeren ausplündern".

PALLUSSEK | Es fällt auf, dass dieser ehemalige Verfassungsrichter ein höchst seltsames Familien- und ein erschreckendes Demokratieverständnis hat. Wo plündern denn die Alten die Jungen aus? In der Familie, in der Gemeinde, im Land, im Bund? Hier wird bewusst Lobbyismus betrieben, um die Jungen gegen die Alten aufzustacheln. Um abzulenken vom wachsenden Unterschied zwischen Arm und Reich. Das ist das wirkliche Problem in unserem Staat. Wir fordern eine Rente, die ein würdiges Leben im Alter ermöglicht. Wir fordern eine dem Alter entsprechende medizinische Betreuung, um nur einige wenige Punkte zu nennen.

ver.di PUBLIK | Senioren ärgern sich oft über solche Angriffe; ärgern allein reicht aber nicht. Was rätst du ihnen?

PALLUSSEK | Damit die Seniorinnen und Senioren mehr gehört werden, müssen sie sich bemerkbar machen. Alle, die noch rüstig sind, sollten sich an Aktionen, zum Beispiel der Gewerkschaften, beteiligen und Freunde und Bekannte mitnehmen. In der Gruppe traut man sich eher etwas zu. Senioren, die nicht mehr so beweglich sind, sollten sich nicht scheuen, Briefe an Abgeordnete oder die Presse zu schreiben oder zu telefonieren, um Ihre Meinung zu vertreten.

ver.di PUBLIK | Die Seniorinnen und Senioren brauchen eine starke Interessenvertretung. Sind die Gewerkschaften hier zuständig?

PALLUSSEK | Die Gewerkschaften sind ganz besonders gefordert. Sie sind nach meiner Meinung auch am besten geeignet, die Anliegen der Senioren zu vertreten. Im ver.di-Bezirk München sind über 10000 Seniorinnen und Senioren organisiert. Der Bezirksseniorenausschuss versucht, die unterschiedlichen Interessen zu bündeln und sie bei den gewerkschaftlich und politisch Verantwortlichen durchzusetzen.

Im letzten Jahr waren wir aktiv: für den Mindestlohn, für die Verringerung der Mehrwertsteuer bei Medikamenten, gegen das Bayerische Versammlungsgesetz und gegen Altersarmut. Jeden Monat finden gewerkschaftliche Veranstaltungen speziell für Senioren statt. Die nächste größere am 4.März im Hofbräukeller am Wiener Platz. Ich würde mich freuen, wenn sehr viele Seniorinnen und Senioren kommen würden.INTERVIEW: ERNST EDHOFER

Rente muss zum Leben reichen

Mittwoch, 4. März, 14 Uhr: Rentenpolitische Konferenz der DGB-Senioren im Münchner Hofbräukeller, Festsaal, Innere Wiener Straße 19. Referenten: Elisabeth Häusler, Deutsche Rentenversicherung Bayern-Süd, und Fritz Schösser, DGB-Vorsitzender Bayern. Dazu sind alle ver.di-Senior/innen herzlich eingeladen. - Nähere Informationen über DGB-Region München, Tel. 089/51700104 und www.dgb-muenchen.de