Erster Warnstreik der Unternehmensgeschichte

Die IT-Branche war bisher eine fast gewerkschaftsfreie Zone. Die meist jungen, gut ausgebildeten Mitarbeiter/innen verlassen sich bei der Regelung ihrer Arbeitsbedingungen gern auf die eigene Kraft. Doch die stößt nun immer öfter an ihre Grenzen. Diese Erfahrung haben die 4200 Beschäftigten bei Electronic Data Systems (EDS) gemacht. Am 10. Februar haben sie zum ersten Warnstreik in der Geschichte von EDS aufgerufen. Rund 1600 Mitarbeiter folgten bundesweit dem Aufruf. An einigen Standorten, darunter auch Leuna, ging die Belegschaft sogar vollzählig vor die Tür. Am 25. Februar und 4. März folgten weitere Warnstreiks.

Noch vor einem Jahr waren Beschäftigte und Betriebsräte bei EDS der Meinung, in ihrem Betrieb seien keine Tarifverträge und somit keine Gewerkschaften notwendig. Die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder war verschwindend gering. Das änderte sich im Frühjahr 2008 grundlegend.

Nicht abspeisen lassen

Nach mehreren Jahren der Sparkurse und Einschnitte hatte das Unternehmen auf die Erfolgsspur zurückgefunden. Die Beschäftigten wollten am Aufwärtstrend teilhaben. Bisher handelten Betriebsräte und Arbeitgeber die Löhne aus. 2008 funktionierte das nicht mehr: Die Betriebsräte forderten fünf Prozent, die Arbeitgeber boten ein Prozent. Ein externer Mediator schlug als Kompromiss 2,5 Prozent vor. Die Arbeitgeber lehnten ab. So wurde deutlich, dass dieses Verfahren am Ende in kollektive Bettelei führt. Eine Kurskorrektur war überfällig.

Die Betriebsräte selbst machten den Anfang, wurden Mitglied in den Gewerkschaften IG Metall und ver.di. Und sie warben weitere Kolleg/innen. IG Metall und ver.di schlossen mit den Betriebsräten einen Kooperationsvertrag ab und agieren seitdem gemeinsam.

Im Sommer 2008 kaufte Hewlett-Packard den Betrieb. Im Herbst folgten die Meldungen, der neue Eigentümer wolle 1150 Arbeitsplätze streichen und mehrere Standorte schließen. Innerhalb weniger Monate traten bundesweit deutlich über die Hälfte der EDS-Beschäftigten den Gewerkschaften bei. Von den 35 Mitarbeitern am Standort Leuna sind inzwischen 75 Prozent Gewerkschaftsmitglieder.

Mit dieser Basis im Rücken forderten die Gewerkschaften ver.di und IG Metall Anfang Dezember 2008 die Arbeitgeber zu Tarifverhandlungen auf. Auf der Tagesordnung: Beschäftigungssicherung, Standortsicherung, Sicherung der bisherigen Konditionen und eine Lohnforderung von sechs Prozent für 2009. Die Arbeitgeber lehnten Tarifverhandlungen ab. Im Februar gingen die Mitarbeiter dann in den Warnstreik. Die selbstbewusste Belegschaft lässt sich nun nicht mehr abspeisen. Die Arbeitgeber werden sich bewegen müssen.Enrico Zemke

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