Ausgabe 04/2009
Fragen Sie lieber eine Frage mehr
Von Petra Welzel |Das Vertrauen in die Banken ist nach ihrem Crash perdu. Aber es gibt sie, die vertrauenswürdigen Berater
Ein bisschen erinnern die Zeiten gerade an Arthur Millers Drama Tod eines Handlungsreisenden. Der Traum vom großen Geld ist ausgeträumt, und sämtliche Bank- und Finanzberater/innen leiden scheinbar am Willy-Loman-Syndrom, der Millerschen Hauptfigur des geplatzten amerikanischen Traums: Niemand will ihnen mehr so richtig ihre Produkte abkaufen, das Vertrauen in sie ist erschüttert. Das allein zeigt die kurzfristig geschaltete Hotline der Verbraucherzentralen, die von 150000 verunsicherten Anleger/innen unmittelbar nach Ausbruch der Finanzkrise gewählt wurde. Nur fünf Prozent der Anrufer kam überhaupt durch, bis die Not-Leitung wieder eingestellt wurde. Die Ängste und Sorgen der Sparer/innen um schon angelegtes oder noch anzulegendes Geld sind bis heute geblieben.
Was also tun, wenn man der Bank des Vertrauens samt ihren Anlageangeboten und ihren Bankberatern nicht mehr so recht trauen mag? Vor allem dann nicht, wenn dieser Tage in den Banken offenbar schon wieder Hohn über die Menschen gegossen wird, die ihre Gesamtersparnisse in Lehman-Brothers-Zertifikate angelegt und diese nun verloren haben. Als "AD-Kunden" werden sie abgestempelt, alt und doof, und zu den Akten gelegt. Da heißt es, gewappnet sein für ein Gespräch mit dem Finanzberater. Auf 20 bis 30 Milliarden Euro summieren sich jährlich die Vermögensschäden aufgrund mangelnder Finanzberatung laut einer Studie des Verbraucherschutzministeriums. Anlass genug, in Zukunft jeden Berater quasi durch den persönlichen TÜV zu schicken. Alle Details, auch alle Mängel müssen offenbart werden, auf die kann man dann bauen - oder nicht.
Um an die Details heranzukommen, bedarf es zweier Checklisten, die jede Verbraucherschutzzentrale empfiehlt. Auf der einen sollten Fragen stehen wie:
Welches Ziel verfolge ich mit meiner Anlage?
Will ich fürs Alter oder ein Haus oder nur für einen Urlaub oder eine größere Anschaffung, eine neue Küche, sparen?
Wie lange kann ich Geld von meinem monatlichen Einkommen tatsächlich entbehren?
Will ich vielleicht einen einmaligen Betrag anlegen?
Welches Risiko bin ich bereit ein-zugehen, will ich spekulieren oder lieber eine mehr oder weniger risikoarme Anlage?
Fragen Sie lieber eine Frage zu viel als eine zu wenig. Es könnte die entscheidende sein.
Anhand der zweiten Liste checkt man die Berater/innen:
Bekommen sie Provisionen und empfehlen deshalb immer diejenigen Anlagen, für die sie am meisten Provision erhalten? Insofern bietet sich grundsätzlich eher eine unabhängige Beratung auf Honorarbasis an, wie sie auch die Verbraucherzentralen anbieten. Im Schnitt bezahlt man dafür 70 Euro pro Stunde, eine Investition, die sich lohnt, um das böse Erwachen zu vermeiden.
Beachten die Berater/innen die Absicherung existenzieller Risiken? Sie sollten klären, ob es eine Haftpflicht- oder Berufsunfähigkeitsversicherung gibt, ob gegebenenfalls die Familie abgesichert ist. Empfehlen sie eine Kombination aus Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung, sucht man sich am besten gleich eine andere Beratung.
Gute Berater/innen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sämtliche Anlageziele und Anlagewünsche ebenso ermitteln wie die Vermögenssituation, bestehende Schulden und die Risikobereitschaft.
Sie erklären zudem alle Anlagekriterien wie Rendite, Sicherheit und Flexibilität, fragen die Wünsche der Anleger dazu ab, halten sie schriftlich fest.
Informieren die Berater/innen ebenfalls über kostengünstigere Produkte wie etwa Tagesgeldkonten, Bundesschatzbriefe (siehe Artikel S.22) und Aktienindexfonds, ist man gut beraten.
Entscheidend ist auch, dass die Anleger/innen über sämtliche Kosten über die gesamte Laufzeit aufgeklärt werden.
Qualifikationsnachweise der Berater/innen sind ein weiteres gutes Zeichen, allerdings nur, wenn die Zertifikate nicht von Produktanbietern stammen.
Die inzwischen erforderliche Protokollierung des Beratungsgesprächs sollte nach den Regeln des Anlegers erfolgen. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat hierzu ein Musterprotokoll auf ihrer Internetseite abgelegt (www.vz-bw.de/musterprotokoll).
Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, fasst den Check in einem Satz zusammen: "Ein Berater ist derjenige, der tatsächlich nur berät. Alle anderen sind Verkäufer."