Haben und Nehmen

MARIA KNIESBURGES ist Chefredakteurin der ver.di PUBLIK

Wo sind eigentlich die Gewinne geblieben? Diese schlichte Frage traut sich offenbar niemand mehr zu stellen. Stattdessen ist in dieser Krise allenthalben von systemischen Banken und systemrelevanten Unternehmen die Rede: Weil die allesamt dermaßen systemisch oder systemrelevant sind, müssen sie gerettet werden. Vom System Steuerzahler versteht sich. Wo die Gewinne sind? Vermutlich systematisch ins System "Haben und Nehmen" versenkt.

Und weil das auch so weitergehen soll, hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA, ein wegweisendes Papier vorgelegt: "Die Krise bewältigen - Weichen für Wachstum und Arbeit stellen" haben sie ihren Wunschzettel überschrieben. "Der Ausbau des so genannten Niedriglohnsektors", so heißt es da, "ist der richtige Weg." Das, so behauptet die Arbeitgeberlobby, habe der Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit in den vergangenen zwei Jahren bewiesen. Wo sie nun alle geblieben sind, die ehemals Arbeitslosen? Na in der schönen neuen Arbeitswelt. Schlagen sich zu Hunderttausenden mit Mini-, Midi- und sonstigen prekären Jobs durchs Leben, schuften frohgemut zum Hungerlohn und gehen anschließend dankbar zum Amt, wo Hartz IV an die bedürftigen Werktätigen verteilt wird.

Weil Arbeit da so richtig Spaß macht, soll sie auch möglichst lange dauern. Die "Rente mit 67", darauf besteht der BDA, "muss konsequent und ohne Ausnahme umgesetzt werden." Natürlich bei "Senkung des Rentenniveaus" nach dem "Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz". Und weil es in der Krise gerade so gut passt - schließlich muss ja was getan werden - will der BDA auch gleich ran an den lästigen Kündigungsschutz und die betriebliche Mitbestimmung. Diese "Beschäftigungsbremsen" gehören "modernisiert", was heutzutage ja meist zutreffend mit "abgeschafft" zu übersetzen ist. Jawohl, das hat System - und genau das hat uns in die Krise geführt.