Kundenfreundlichkeit ausgelagert? Briefzusteller/innen protestieren

Geht es nach den Plänen des Vorstands der Deutschen Post AG, sollen bis Ende 2011 alle mit eigenen Beschäftigten betriebenen Filialen im Briefbereich geschlossen werden. ver.di kritisiert diese Entscheidung des Unternehmens als "Crashkurs".

In den vier Briefniederlassungen in Niedersachsen und Bremen stehen somit insgesamt noch 47 Filialen vor der Schließung. "Auch wenn Entlassungen dank der mit ver.di ausgehandelten Tarifverträge ausgeschlossen sind, für die betroffenen Bürger/innen ist dies der Gipfel der Kundenfeindlichkeit", kritisiert ver.di-Fachbereichsleiter Jürgen Wolf. Bei den als "Hauptpost" bezeichneten Filialen hingegen handelt es sich um reine Postbank-Finanzcenter; nach dem Kahlschlag sollen nur noch sie übrig bleiben.

Dieser Crashkurs, sagt Wolf, passe in die Konfliktstrategie, die der Postvorstand seit Mai praktiziert. Öffentlich werde der Eindruck erweckt, der Briefbereich sei ein Sanierungsfall. Doch das Gegenteil ist der Fall - im Briefbereich werden Millionengewinne erwirtschaftet, 557 Millionen Euro allein im ersten Halbjahr 2009. Das Ausweichen auf Postagenturen mit "postalischem Schmalspurangebot" sei kein vollwertiger Ersatz für die Kunden, sagt Wolf.

Sonst noch was?

Aber auch bei den Beschäftigten der Post soll zugelangt werden: Der Postvorstand schlägt unter anderem eine Arbeitszeitverlängerung auf 40 Stunden ohne Lohnausgleich vor, die Streichung der zum 1. Dezember 2009 tarifvertraglich vereinbarten drei Prozent Lohnerhöhung, das Abschmelzen von Besitzständen, das Einführen einer Niedriglohngruppe für neu Einzustellende sowie die Fremdvergabe von Brief- und Paketzustellbezirken.

"Hier wird die Wirtschaftskrise missbraucht, um die Position der Arbeitgeber zu stärken. Wir wollen keinen Konflikt, sondern qualitativ hochwertige Postdienstleistungen sowie vernünftige Tarifergebnisse erhalten. Wenn dies jedoch nicht ohne Konflikt erreichbar ist, trägt der Postvorstand dafür die alleinige Verantwortung", betont Wolf.

ver.di droht mit Streik

ver.di hat bereits Streiks angekündigt, sollte der Konzern seine Pläne zur Auslagerung der Brief- und Paketzustellung weiterverfolgen. Ziel sei, eine Fremdvergabe dieses Kerngeschäfts über den 31. Dezember hinaus zu verhindern. Ein Vertrag, der die Fremdvergabe von Briefzustellbezirken ausschließe und die Fremdvergabe in der Paketzustellung auf maximal 880 Zustellbezirke begrenze, laufe Ende des Jahres aus. Um handlungsfähig zu sein, habe ver.di schon Anfang August vorsorglich den Tarifvertrag zum Rationalisierungsschutz gekündigt, so die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis.

Über strittige Themen sind bereits Gespräche vereinbart. Danach wird ver.di zügig Forderungen zum Schutz der Beschäftigten im Falle einer Fremdvergabe beschließen. Parallel laufen auch Streikvorbereitungen. Denn die Friedenspflicht aus dem gekündigten Tarifvertrag zum Rationalisierungsschutz endet am 6. November. "Bis dahin hat der Postvorstand Zeit, von seiner Rambo-Politik Abstand zu nehmen", sagt Wolf.