Neue Studiengänge müssen seit einigen Jahren von externen Gutachtern akkreditiert werden. Gesucht werden dafür auch Beschäftigte aus den entsprechenden Bereichen

Jeder neue Bachelor- und Masterstudiengang muss akkreditiert, also von externen Gutachtern geprüft und für gut befunden werden, bevor er an einer Hochschule oder Universität zugelassen wird. So steht es seit einigen Jahren im Gesetz. Und seit kurzem werden auf diese Weise auch Qualitätssicherungssysteme ganzer Hochschulen unter die Lupe genommen. Nicht nur Studierende haben die Chance, dabei Einfluss auf die Inhalte zu nehmen. Auch Menschen mit Berufserfahrung, denen die Ausbildung künftiger Kolleginnen und Kollegen am Herzen liegt, können sich hier engagieren.

„Prinzipiell ist es auf jeden Fall sinnvoll, dass Externe in die Beurteilung der Studieninhalte einbezogen werden“, sagt ver.di-Mitglied Sonja Staack, die mehrere Jahre als Studentenvertreterin im Akkreditierungsrat saß. Schließlich investieren die Lernenden Zeit, Geld und vor allem ihren Kopf und können dafür zu Recht erwarten, dass nicht nur ihre eigenen Professorinnen und Professoren die Inhalte und Methoden für gut befinden. Zielten Prüfungen bis vor kurzem darauf ab zu testen, ob die Lernenden die von ihrer Fakultät für wichtig erachteten Inhalte beherrschten, steht nun die Frage im Zentrum, ob sie für die Zeit danach gut gerüstet sind.

Um das zu beurteilen, ist die Beteiligung von Menschen mit Berufserfahrung unerlässlich. Deshalb sitzen in den Gutachtergruppen neben Professoren und Studierenden auch so genannte „Vertreter der Berufspraxis“. Das können nicht nur Personalverantwortliche großer Firmen oder Arbeitgebervertreter sein, sondern ebenso Beschäftigte, die sich mit den Anforderungen im entsprechenden Berufsfeld gut auskennen.

Spaß an der Ausbildung ist wichtig

Damit mehr von ihnen sich auf diesem Feld engagieren, haben rund 40 Gewerkschafter/innen ein Gutachternetzwerk aufgebaut. Bisher sind dort überwiegend Naturwissenschaftler/innen, Ingenieure und Beschäftigte aus Hochschulen beteiligt, doch Berufstätige und Spezialisten aus anderen Bereichen sind hochwillkommen. „Wir beraten Interessierte und bereiten sie auf die Aufgabe vor“, berichtet der Akkreditierungsexperte und ver.dianer Karl-Heinrich Steinheimer.

„Ich habe den Wunsch und Willen, künftigen Studentinnen und Studenten unser verkrustetes Studiensystem zu ersparen“, begründet der Chemiker Gerhard Lapke, warum er sich als Akkreditierer zur Verfügung stellt. Hohe Abbrecherquoten von bis zu 50 Prozent in einigen Fachbereichen zeigten schließlich deutlich, dass viele junge Leute keinen Spaß an der Ausbildung hätten. „Durch Auflagen und Empfehlungen können wir Gutachter das eine oder andere durchaus verbessern“, so Gerhard Lapkes Erfahrung. Er muss es wissen: Lapke hat bereits an mehreren Dutzend Akkreditierungsverfahren mitgewirkt.

Finanziert wird die Akkreditierung durch die Hochschule. Sie wendet sich an eine der sieben in Deutschland zugelassenen Agenturen – zum Beispiel an die als gemeinnütziger Verein organisierte ASIIN, die im Juni 2000 vom Akkreditierungsrat das Recht zur Vergabe seines Qualitätssiegels für Studiengänge erhielt. Mitglieder sind dort Institutionen wie die Deutsche Gesellschaft für Informatik, aber auch Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften. Ehrenamtlich besetzte Fachausschüsse entscheiden, wer in den Gutachterpool aufgenommen wird. „Neben der fachlichen Kompetenz geht es dabei vor allem auch darum, ob jemand beurteilen kann, was Unternehmen von Bewerbern erwarten“, so Christoph Heumann aus der ASIIN- Geschäftsstelle.

Jedes Gutachterteam besteht aus fünf Personen: drei Hochschullehrer, ein Studierender und ein Vertreter der Berufspraxis. Ein paar Wochen vor dem Verfahren bekommen sie alle Antragsunterlagen zugeschickt, dann trifft sich das Team für eineinhalb Tage vor Ort. Dort löchern sie die Programmverantwortlichen und Professoren, beraten sich mit Studierenden, besuchen Bibliotheken und Labore. „Auch Klausuren und Prüfungsergebnisse in den vorangegangenen Studiengängen sind interessant. Da kann man dann sehen, ob gerade ein potemkinsches Dorf gebaut wird“, berichtet Lapke. Ihn interessiert vor allem die Frage, ob der Studiengang nicht nur fachliche Kenntnisse vermittelt, sondern tatsächlich für den entsprechenden Beruf befähigt: Wie lernen die Studierenden, zusammen zu arbeiten, wie mit fachfremden Menschen zu kommunizieren? Gemeinsam schreiben die fünf Gutachter später eine Empfehlung. Für ihre Arbeit bekommen sie eine Aufwandsentschädigung und die Spesen.

Ablehnungen keine, Nachbesserungen einige

Wenn es allein nach Lapke gegangen wäre, wären schon eine ganze Reihe von Anträgen abgelehnt worden. Das aber hat er noch nie erlebt. Doch immerhin hat der engagierte Gewerkschafter schon häufig Nachbesserungen durchgesetzt. Auch Sonja Staack hat beobachtet, dass viele Gutachter zu wenig auf die Inhalte und zu stark auf Formalien achteten. Umso wichtiger, dass sich fitte Menschen dort zunehmend einmischen.

Weitere Infos bei ver.di hat Karin Vollmar, die den Bereich Hochschulen betreut: karin.vollmar@verdi.de