Ausgabe 11/2009
Der Sonntag ist heilig
Auch die elegantesten Shopping-Galerien schließen wieder früher
Schluss soll sein mit spätem Ladenschluss und Sonderöffnungen an Sonn- und Feiertagen. ver.di unterstützt gemeinsam mit dem DGB die Verfassungsbeschwerden der evangelischen und der katholischen Kirche gegen Ladenöffnungen an Sonntagen, insbesondere an allen vier Adventssonntagen. Doch ob im Bremerhavener Einkaufszentrum Mediterraneo, in Braunschweig oder in Hannovers City - überall locken "Late Night Shopping" oder verkaufsoffene Sonntage.
Einzelklagen sind notwendig
In Niedersachsen hatten zwei Betriebsratsmitglieder von Karstadt in Hannover und Göttingen bereits im letzten Jahr Klage gegen Sonntagsarbeit vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erhoben. Denn für eine Entscheidung sind Einzelklagen von Betroffenen erforderlich, sie steht aber noch aus. "Der Bund wollte sich vom Ladenschlussgesetz befreien und hat es an die Länder abgegeben. Nur die Arbeitnehmerschutzrechte sind nicht mitgegangen. Da sehen wir einen Grund einzuhaken", sagt Ulrich Dalibor, Leiter der ver.di-Bundesfachgruppe Einzelhandel. Bei der Anhörung zur Verfassungsklage der Kirchen hat Dalibor die ver.di-Argumente eingebracht. Der Oldenburger Arbeitswissenschaftler Professor Friedhelm Nachreiner hatte maßgeblich durch Gutachten die Klagen argumentativ untermauert. "Wir hatten damit gerechnet, dass die niedersächsischen Klagen vom Gericht mit behandelt werden. Doch das ist nicht geschehen." Allerdings will sich das Gericht noch 2009 über die Zulässigkeit und Begründung der Kirchen-Klagen äußern. Dalibor: "Das werden wir abwarten und dann weitersehen." Die sonntäglichen Ladenöffnungszeiten stellten einen Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Sonn- und Feiertagsruhe dar, der durch nichts zu rechtfertigen sei. Dies ist auch der Grund für die Aktionen der bundesweiten "Allianz für den freien Sonntag", einem breiten gesellschaftlichen Bündnis von Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden (siehe ver.di PUBLIK 12_2008).
Unbegrenzte Freiheit bei der Wahl ihrer Öffnungszeiten gibt das niedersächsische Ladenschlussgesetz den Händlern seit April 2007. Doch in Hannovers Innenstadt scheint der Traum dieser Freiheit schon zerplatzt zu sein. Fast alle Geschäfte - mit Ausnahme mancher Lebensmitteldiscounter - haben sich nach anfänglichen Experimenten mit längeren Öffnungszeiten bis 22 Uhr inzwischen wieder bei 20 Uhr eingependelt. Auch C&A sowie die von ECE betriebene Ernst-August-Galerie, die als letzte große Shopping-Meile noch bis 21 Uhr geöffnet hatte, schließen wieder um 20 Uhr.
Die Belastungen steigen immer weiter
Die Rücknahme der langen Öffnungszeiten überrascht Heiner Schilling, ver.di-Fachbereichsleiter Handel in Niedersachsen-Bremen, kaum. "Wir haben immer gesagt: Der Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Dazu reichen die normalen Zeiten völlig aus. Unsere Erfahrungen mit den Ausweitungen der Öffnungszeiten in den vergangenen Jahren belegen, dass dadurch weder Arbeitsplätze entstehen noch Umsätze steigen." Gleichzeitig verursachten längere Öffnungszeiten höhere Betriebskosten, die dann vielfach beim Personal wieder eingespart werden sollen. Die Belastung der Einzelhandelsbeschäftigten steige immer weiter.www.allianz-fuer-den-freien-sonntag.de