Rheinland-Pfalz – Trotz Applaus und öffentlichen Zuspruchs während der Pandemie bestehen die Probleme im Gesundheitswesen fort. Es gibt noch immer zu wenig Pflegekräfte in den Krankenhäusern und in der Altenpflege. Die Arbeitsbedingungen sind noch immer viel zu belastend. Und noch immer führt der politisch herbeigeführte Kostendruck in Krankenhäusern, Altenpflegeheimen und Rettungsdiensten zu Problemen bei der Versorgung. Am 11. September haben deshalb Gesundheitsbeschäftigte in Mainz, Mannheim und Hannover für mehr Personal, gute Bezahlung und eine bedarfsgerechte Finanzierung demonstriert. Vor den Bundestagswahlen haben sie erneut ein Zeichen gesetzt und die Politik zum Handeln aufgefordert.

Mit selbst gemalten Plakaten tragen die Pflegekräfte in Mainz ihren Protest auf die Straße: "Pflegemangel führt zum Burn-Out", "Pflegemangel ist tödlich", "Aufstehen für die Pflege", ist zu lesen. Vor Ort ist ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler, die vor rund 800 Beschäftigten aus rheinland-pfälzischen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen spricht. "Die Pflege hat gelernt aufzustehen", sagt Bühler. Das sei vor der Bundestagswahl ein richtig gutes Signal an die Parteien. Bühler fordert: "Die Rahmenbedingungen müssen sich verändern, und das nicht nur ein bisschen, sondern radikal – radikal sozial." Die Proteste der vergangenen Jahre hätten einiges in Bewegung gesetzt, doch am Ziel sei die Bewegung erst, wenn die Entlastung im Alltag der Beschäftigten ankomme – und das sei noch längst nicht der Fall.

Eine andere Pflege ist möglich

"Gerade die Pandemie hat uns gezeigt, dass wir einen Kurswechsel für eine sozial gerechte und ökologische Gesellschaft brauchen", sagt der Pflegebeauftragte Michael Quetting, einer der Sprecher des Bündnisses "Pflegeaufstand Rheinland-Pfalz". Die Forderungen des Bündnisses, das von ver.di unterstützt wird, lauten: mehr Personal, verbindliche Personalvorgaben für alle Bereiche der Pflege, keine Pflegefachperson mehr allein im Dienst, tarifliche Bezahlung und deutlich mehr Gehalt, bedarfsgerechte Finanzierung, Abschaffung des DRG-Systems für die Krankenhäuser (die Finanzierung durch Fallpauschalen) und eine solidarische Pflegegarantie für die Altenpflege.

In Niedersachsen ziehen am selben Tag knapp 150 Demonstrierende aus Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, der Behindertenhilfe und dem Rettungsdienst mit Transparenten durch die Landeshauptstadt Hannover. Sie konfrontieren abschließend Vertreter*innen von SPD, Grünen, FDP und Linkspartei mit ihren Forderungen. Die CDU ist nicht gekommen und die rechtspopulistische AfD war nicht eingeladen. "Die Kolleginnen und Kollegen haben klargemacht, was sie erwarten: eine grundlegend andere Gesundheitspolitik, die nicht betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Gewinne an die erste Stelle setzt, sondern die Menschen, sagt der ver.di-Fachbereichsleiter für Niedersachsen und Bremen, David Matrai.

In Mannheim gehen vor allem Berufseinsteiger*innen und Auszubildende auf die Straße; sie bilden die Mehrheit der dort rund 300 Demonstrierenden. Ihre Kritik: Auszubildende werden allzu oft eingesetzt, um die Löcher in der Personaldecke zu stopfen, es fehle an Fachkräften und dadurch an Ausbildungsqualität. Klara Ronellenfitsch von der ver.di Jugend Baden-Württemberg verweist darauf, dass rund 30 Prozent der Auszubildenden in der Pflege die Ausbildung abbrechen. "Allein daran zeigt sich, dass es sich um strukturelle Probleme handelt, die systematisch und mit politischem Willen angegangen werden müssen."

Marion Lühring