Ausgabe 01/2010-02
Denn wie man sich bettet, so liegt man
von Renate Bastian
Der Betriebsrat: Gerd Pfeiffer, Tanja Dotzert, Matthias Schwöbel
Homberg/Efze liegt tief im ländlich geprägten nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis. Wer von außerhalb hierher kommt, hat sich meist etwas vorgenommen. So wie Kay Sievers. Er kam von der Firma Lidl und hat seit mehreren Monaten einen neuen Wirkungskreis als Geschäftsführer bei der Logistikfirma Bettenwelt GmbH. Von Homberg aus werden über 550 Einzelhandelsstationen in Deutschland und dem benachbarten Ausland mit Produkten des internationalen Einrichters Dänisches Bettenlager beliefert. "Bettenwelt" gehört zu den wichtigsten Arbeitgebern in Homberg: rund 130 Festangestellte, bis zu 50 Leiharbeiter, der Fuhrpark und die Warenannahme ausgegliedert, der Tarifvertrag Groß- und Außenhandel ein Tabu.
Seit Geschäftsfüher Sievers seine Position innehat, ist es nach Auffassung des Betriebsrats in der "Bettenwelt" sehr ungemütlich geworden. Gerd Pfeiffer als Kommissionierer, Tanja Dotzert aus der Verwaltung und Matthias Schwöbel aus dem Lager führen einen tagtäglichen Kampf um die Rechte der Beschäftigten. Da sind zum Beispiel die Leistungsgespräche. Monatlich werden die Beschäftigten dazu aufgefordert, ihre Leistungen mit denen der anderen zu vergleichen. Allein ein solcher Gesprächsansatz, so Gerd Pfeiffer, schürt das Konkurrenzdenken und führt zu einer angespannten Stimmung.
Wer hat die Arbeitszeit geklaut?
Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht sehr genau nimmt. Es ist nach dem Gesetz selbstverständlich, dass der Betriebsrat mitredet, wenn es um soziale Angelegenheiten geht. Aber Kay Sievers hat in der Vergangenheit zum Beispiel versucht, mit den Beschäftigten Einzelvereinbarungen über deren Arbeitszeit zu treffen oder am Betriebsrat vorbei die Kollegen nach ihrer Krankheit zu befragen. Das konnte der Betriebsrat verhindern. Ein Dauerthema im Betrieb ist darüber hinaus die Anerkennung des Tarifvertrages. Statt dessen erstellte der Geschäftsführer ein eigenes Arbeitszeit- und Entlohnungsmodell, das der Betriebsrat ablehnte. Daraufhin arrangierte Sievers eine Abstimmung unter den Beschäftigten. Wahrscheinlich lag es außerhalb seiner Vorstellungskraft, dass er dabei auch verlieren könnte. Hat er aber.
Ein anderer Vorfall wirft ebenfalls ein Licht auf die Umgangsformen des Geschäftsführers: Ein Mitglied des Gesamtbetriebsrats wird verdächtigt, "Arbeitszeitdiebstahl" begangen zu haben. Hintergrund: Über die elektronischen Öffnungscodes für die Türen wurden Bewegungsprotokolle angefertigt. Eine Tür schließt sich, eine andere öffnet sich. Mit wem hat der Gesamtbetriebsrat inzwischen wie lange gesprochen? Diese ungeklärte Zeit musste als Grund für eine fristlose Kündigung herhalten. Nun muss das Arbeitsgericht entscheiden. Außerdem verlangt der Betriebsrat jetzt folgerichtig eine Betriebsvereinbarung über Datenschutz.
Wider den Sparzwang
Neben dem alltäglichen Kleinkrieg arbeitet der Betriebsrat systematisch seine Agenda ab: Sicherung von Rechten der Beschäftigten und des Betriebsrats, Betriebsversammlungen mit ver.di-Vertretern, Anerkennung des Tarifvertrags. Und demnächst Betriebsratswahl. Bei all dem kann er sich auf eine beachtliche Zahl von ver.di-Mitgliedern unter den Beschäftigten stützen.
Offensichtlich, so der Betriebsratsvorsitzende Gerd Pfeiffer, ist Kay Sievers nach Homberg/Efze gekommen, um ein Sparprogramm durchzusetzen. Aber wer soll den Preis bezahlen?