Ausgabe 05/2010
Der Respekt wird vermisst
Judy Graves, Organizerin bei der CWA, hat interessante Unterlagen für die Aktionäre
VON Heike Langenberg
Zwei Anstecker stecken am Revers von Bobs Jacke: ein ver.di-Pin und eine rote Nelke, Andenken an die Mai-Kundgebung in Gelsenkirchen, die er besucht hat. Könnte er mit Ansteckern der CWA, der amerikanischen Gewerkschaft für Beschäftigte im Kommunikationsbereich, an seinen Arbeitsplatz in den USA gehen? "Das Gesetz erlaubt mir das", sagt Bob und grinst, "aber es wäre wohl kein besonders guter Tag für mich." Bob arbeitet in einem Callcenter von T-Mobile USA. Doch im Unterschied zu den deutschen Töchtern der Telekom sind Gewerkschaften hier nicht gern gesehen. Deswegen möchte Bob seinen richtigen Namen auch nicht in der Zeitung lesen, zu groß ist seine Angst vor Repressionen. Seit die Telekom 2001 die amerikanische Mobilfunkgesellschaft Voicestream Wireless übernommen und umbenannt hat, agieren die Manager offen gewerkschaftsfeindlich (ver.di PUBLIK 12/2009). Das belegt ein Gutachten des amerikanischen Wissenschaftlers John Logan von der San Francisco State University. Mittlerweile hat die CWA auch ein Video ins Netz gestellt, auf dem zu sehen ist, wie der Manager eines Callcenters in Oakland Organizer der CWA, die Flugblätter verteilen wollen, vom Gelände verweist. Gespräche mit Beschäftigten über die Arbeitsbedingungen sind - wenn überhaupt - nur in Hinterzimmern möglich.
Die Reise nach Deutschland
Drei von ihnen sind Anfang Mai mit Hauptamtlichen der CWA nach Deutschland gereist. Seit einigen Jahren hat sich die Gewerkschaft mit ver.di zu einer Kampagne zusammengeschlossen, um Verbesserungen für die amerikanischen Beschäftigten zu erreichen. Gemeinsam haben sie auch die Gewerkschaft TU-Union gegründet. Ein Ziel der Reise war der Besuch der Telekom-Hauptversammlung am 3. Mai in Köln. Dort verteilten sie mit ver.di-Aktiven Flugblätter, in denen sie auf die Situation der amerikanischen T-Mobile-Beschäftigten aufmerksam machen. Mit Erfolg. Nicht nur Kornelia Dubbel sprach als Vertreterin der Belegschaftsaktionäre in ihrer Rede über die Zustände bei T-Mobile USA, auch andere Aktionäre fragten den Vorstand, was dort los sei. Der antwortete, man würde die amerikanischen Gesetze einhalten. Die besagen, dass eine Gewerkschaft erst dann im Betrieb aktiv werden kann, wenn sich 50 Prozent der Beschäftigten für sie aussprechen. Die CWA argumentiert, dass das bei T-Mobile USA nicht passieren wird, wenn das Bekennen zu einer Gewerkschaft sanktioniert wird. Deswegen macht sie auch auf anderen Ebenen Druck. Bei der Hauptversammlung forderte auch Greg Kinczewski den Vorstand auf, die anti-gewerkschaftlichen Praktiken einzustellen. Er ist Vizepräsident und Leiter der Rechtsabteilung der Marco Consulting Group, einer Agentur, die Großinvestoren bei der Suche nach Anlagemöglichkeiten berät. Mit weiteren Großinvestoren ist die CWA im Gespräch. Außerdem bekam Telekom-Vorstand René Obermann ein Schreiben aller 26 demokratischen Mitglieder des Ausschusses für Arbeit und Bildung des Repräsentantenhauses; sie verweisen auf die Sozial-Charta der Deutschen Telekom, in der das Recht der Beschäftigten, sich in Gewerkschaften zu organisieren, anerkannt wird. Ein Brief der 14 republikanischen Mitglieder soll folgen.
Starke Firma - sichere Jobs
Tony Daley, der bei der CWA die Kampagne mit betreut, machte klar, dass die CWA T-Mobile USA nicht schwächen wolle - das amerikanische Management missverstehe das wohl. "Wir wollen eine starke Firma, damit die Jobs unserer Mitglieder sicher sind", sagt er. Doch das gehe nur mit starken Gewerkschaften, die gute Arbeitsbedingungen durchsetzen und damit die Beschäftigten motivieren. Immerhin begrüßte neben Thomas Sattelberger, dem Personalchef der Deutschen Telekom, auch deren Vorstandsvorsitzender René Obermann die amerikanische Delegation bei der Hauptversammlung. "Das zeigt den Respekt, den er vor den Beschäftigten und ver.di hat. Diesen Respekt vermissen wir in den USA", sagt Ed Mooney, Vize-Präsident der CWA.www.tuworkers.org (deutsch- und englischsprachig, mit Foren für die Beschäftigten beider Länder)https://tk-it.verdi.de/weltweitwww.loweringthebarforus.org