Ausgabe 08/2010-09
Die Neue mag keine halben Sachen
Ursula Rüddigkeit
Angelica Hagenstein
Kann eine Frau überhaupt den Gesamtpersonalrat der Landeshauptstadt München leiten? Als Angelica Hagenstein im Dezember 1997 diese Aufgabe von ihrem Vorgänger Helmut Michl übernahm, wurde diese Frage noch allen Ernstes gestellt. Kann die sich als Frau gegenüber der Stadtspitze durchsetzen? Noch dazu als gelernte Erzieherin? Tatsächlich Äußerungen aus der damaligen Zeit. Bei ihrer Verabschiedung Ende Juni 2010 klangen die Wertungen dann ganz anders. Angelica Hagenstein ist Konflikten mit dem Oberbürgermeister oder dem Personalreferenten nie aus dem Weg gegangen. Wenn sie von einer Sichtweise überzeugt war, dann hat sie diese stringent, manchmal auch mit Sturheit vertreten. Meist war das aber gar nicht nötig. Die Münchner Stadtspitze fährt seit Jahren einen sozialpartnerschaftlichen Kurs gegenüber den eigenen Arbeitnehmern. Das ließ Raum für diplomatische Interessenvertretung und gewisse Formen von Co-Management. Dies hat Angelica Hagenstein genutzt und mit ihrem Gremium, dem Gesamtpersonalrat der bayerischen Landeshauptstadt, bei einer Reihe von Themen bundesweit die Vorreiterrolle eingenommen. Darunter fallen Dienstvereinbarungen zum Umgang mit Mobbing, zum Gesundheitsschutz und zur flexiblen Arbeitszeit. Bei ihrer Verabschiedung ehrte die Stadt sie dafür mit der Medaille "München leuchtet den Freunden Münchens" in Gold.
Eine Nachfolgerin mit großen Erfahrungen
Als ihre Nachfolgerin wählte der Gesamtpersonalrat nun Ursula Rüddigkeit. Damit hat das Gremium eine sehr kluge Entscheidung getroffen, denn auch sie ist wahrlich kein "unbeschriebenes Blatt". Rüddigkeit arbeitet seit 32 Jahren in der Verwaltung der Landeshauptstadt München, lange Zeit im Ausländeramt. Schon dort hat sie sich erfolgreich in der Personalratsarbeit engagiert. Seit sechs Jahren ist sie Mitglied im Gesamtpersonalrat und hat als stellvertretende Vorsitzende richtungsweisende Projekte betreut und begleitet. Wie ihre Vorgängerin weiß Ursula Rüddigkeit, dass eine erfolgreiche Vertretung der Interessen der Beschäftigten nicht alleine mit dem "Handwerkszeug" der personalrätlichen Mitbestimmungsrechte machbar ist. Zugleich braucht es eine starke Gewerkschaft. Deshalb engagiert sie sich als Vorsitzende des ver.di-Betriebsgruppenvorstands der Landeshauptstadt München. Auf die neue Vorsitzende des Gesamtpersonalrats kommt keine leichte Aufgabe zu, da die gegenwärtige Finanzlage der Kommunen stürmische Zeiten erwarten lässt. Ursula Rüddigkeit wird den Gesamtpersonalrat dennoch sicher und erfolgreich durch die harten Zeiten steuern. Wer sie kennt, weiß, dass sie keine halben Sachen mag. Die Frage, ob eine Frau die Aufgabe der obersten Personalvertreterin einer Behörde mit rund 30000 Beschäftigten bewältigen kann, stellt beim Amtsantritt von Ursula Rüddigkeit niemand mehr. Und das ist gut.
Heinrich Birner