Von Birgit Tragsdorf

ver.di-Frau Angelika Kelsch

Wie lebt ein Ortsverein, was kann er bewirken und wie wird er wahrgenommen als Basis der Gewerkschaft? Für die Wittenberger ver.dianer ist es selbstverständlich, dass sie die Montagsdemos, die sozialen Bündnisse in der Stadt und der Region unterstützen. Auch bei Streikaktionen in den verschiedenen Branchen sind sie präsent und für Senior/innen sind sie ein wichtiger Partner.

"Wir treffen uns jeden ersten Mittwoch im Monat bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit, um unsere Aktionen zu planen", erzählt Angelika Kelsch über den Ortsverein Wittenberg. Auch wenn sie dabei lächelt - das ist ihr ernst: Denn sie und ihre Mitstreiter haben die Erfahrung gemacht, dass längere Pausen der Arbeit vor Ort nicht gut tun.

Die nächste Geschäftsstelle von ver.di ist in Halle, das ist für viele zu weit für eine Beratungsstunde oder eine Kontaktaufnahme. In Wittenberg beraten sie immer mittwochs von 15.30 Uhr bis 18 Uhr im ver.di.-Büro in der Jüdenstraße - ehrenamtlich. Rechtsfragen werden notiert, an Experten weitergeleitet, und was hier zu klären ist, erledigen sie, die Gewerkschafter im Ortsverein, mit ihren Erfahrungen gleich selbst. Mit einem aktiven Kern von etwa 20 Leuten aus mehreren Fachbereichen decken sie nicht nur die Beratung ab, sie sind auch der Motor für die zahlreichen Aktionen in Wittenberg.

Bei den Einwohnern sind die Ortsvereinsaktivisten inzwischen bekannt, sie haben gute Kontakte zur Presse aufgebaut, wo sie ihre Termine und Aktionen platzieren können. So wurde schon manch erfolgreiche Geschichte gestartet: wie etwa bei der ungerechten Eingruppierung der Erzieher/innen durch die Stadtverwaltung. Die Gewerkschafter zogen an die Schlosskirche und schlugen ihre Thesen an die Tür: Mit Erfolg, auch das hat Tradition in Wittenberg. Angelika Kelsch schätzt die Arbeit an der Basis hoch ein: "Hier sehe ich, was passiert, hier können wir etwas bewegen."

Diskussion zur Wahl

Zwei Mal im Jahr organisieren die ver.dianer eine Podiumsdiskussion mit den Politikern der Stadt, dem Landkreis oder dem Land, um sie nach ihren Positionen zu befragen. Da sitzen im gut besuchten Saal nicht nur ver.di-Mitglieder. Besonderen Zuspruch gibt es selbstverständlich in Wahlphasen: In einem halben Jahr wird in Sachsen-Anhalt ein neuer Landtag gewählt. Auch diesmal werden die Kandidaten wieder zur Diskussion eingeladen.

Der Ortsverein hält auch enge Kontakte zu den Betriebs- und Personalräten und den ver.di-Vertrauensleuten in Wittenberg. Sie kennen sich schon lange, oft sind es Leute mit mehreren Funktionen, die diese Netzwerke knüpfen und pflegen. Den Wittenberger Ortsverein gibt es seit 2004 und er nimmt einen wichtigen Platz ein, damit ver.di landesweit vertreten ist.

Der Ortsverein in Gotha wurde vor einem Jahr gegründet, auch er will in erster Linie Ansprechpartner für die Mitglieder in der Stadt sein, denn bis Erfurt in die Bezirksgeschäftsstelle ist es ein Stück Weg. Heidemarie Munk erzählt, dass sie sich derzeit alle zwei Monate treffen. Sprechzeiten bietet der Ortsverein jeden zweiten Mittwoch von 16 bis 18 Uhr an, und zwar in einem gemeinsamen Büro mit dem DGB in der Margarethenstraße.

"Auch wir haben von anderen Ortsvereinen gelernt. Als wir uns gründeten, unterhielten wir uns mit Ortsvereinsmitgliedern in Weimar und haben Anregungen mitgenommen." Im Moment planen sie mit der Jugend eine Tour in die Berufsschulen von Gotha, wollen sich als Gewerkschaft vorstellen und sich als Ansprechpartner anbieten, wenn es um Fragen des Alltags an der Berufsschule und der Mitbestimmung geht.

Bei den veränderten Strukturen von ver.di und im Landesbezirk sind die Ortsvereine für die Basis unerlässlich. Neben den Betriebsgruppen treffen sich hier die Mitglieder und mischen sich ein in das Leben vor Ort: Sie motivieren Menschen, politisch aktiv zu sein.