VER.DI JUGEND

Jugend auf eigenen Wegen Gewerkschaftliche Jugendarbeit lässt sich nicht in starre Strukturen zwängen

André Hinz

Von Birgit Tragsdorf

Wir treffen uns, und dann lasst uns was machen! Diesen Satz hört Annett Kannenberg, die Landesbezirksjugendsekretärin, oft, wenn es um das Engagement von jungen Leuten in ver.di geht. Spontan bilden sich Gruppen, Projekte werden in Angriff genommen, und wenn sie abgeschlossen sind, lösen sich die Projektstrukturen schnell wieder auf. Bei der nächsten Aktion finden sich dieselben Leute, oder es kommen andere dazu, wieder andere bleiben weg. In unserem Landesbezirk gibt es etwa 70 bis 80 sehr aktive Jugendliche, weiß Annett Kannenberg. Und richtig gut findet sie, dass deren politisches Interesse groß ist. Das zeige sich nicht nur bei Aktionen und Kampagnen, sondern auch an den Wünschen nach Seminaren und in der Mitarbeit als Teamer oder Teamerin in der Bildungsarbeit.

Es ist schon lange Tradition, dass zu Beginn eines Ausbildungsjahres "die Neuen" von ver.di und den Jugend-Auszubildenden-Vertretungen (JAV) begrüßt werden. Dabei werden sie über ihre Rechte und Pflichten in der Ausbildung aufgeklärt. Das ist nicht immer und überall der absolute Knaller für die Jugendlichen, findet beispielsweise Cindy Terpe, die diese Begrüßung als recht steif empfindet. In ihrem Ausbildungsbetrieb, den Leipziger Verkehrsbetrieben, hat sie die Erfahrung gemacht, dass nichts besser ist, als miteinander zu reden. Unter Freunden und Kollegen geht es dann lockerer zu, auch wenn sich die Gespräche um die Ausbildung drehen oder um politische und gewerkschaftliche Themen.

Von den Azubis im Unternehmen sind inzwischen 30 Prozent bei ver.di. "So können wir als Tarifkommission unsere Forderungen nach einer Erhöhung der Ausbildungsvergütung stellen", erzählt Cindy Terpe. Denn die ist mit 400 bis 480 Euro nicht sehr üppig. Große Versammlungen planen die Jugendlichen nicht in den Leipziger Verkehrsbetrieben, sie wollen in vielen Gesprächen untereinander ein Streikpotenzial aufbauen.

Im Blickwinkel der Jungen

Die Erfahrungen der jungen Leute in ihren Ausbildungsstätten, Betrieben und Einrichtungen in Fragen der Mitbestimmung sind unterschiedlich. So passen Gewerkschaft und die Arbeit in einem Max-Planck-Institut offenbar nicht harmonisch zueinander. "ver.di hat einfach keinen so guten Ruf unter den Wissenschaftlern. Da geht alles nur recht langsam", sagt André Hinz. Er studiert in Halle Informatik und hat als studentische Hilfskraft im Institut gearbeitet. Mit zwei engagierten Mitarbeitern konnte er vor zwei Jahren die Wahl eines Betriebsrates durchsetzen. Das ging nur, weil die Mitarbeiter/innen wichtige Fragen zu regeln hatten: leistungsorientierte Bezahlung, Modalitäten bei Stellenbesetzungen und Arbeitszeitprobleme. Und natürlich, weil sie hartnäckig dranblieben. Andrés Erfahrungen sind: In so einem Institut geht alles nur in Kleinarbeit, der Ansatz für Schwerpunktbetriebe mit großem Mitgliederpotenzial von ver.di lässt sich hier nicht umsetzen. In der Forschung gruppieren sich die Mitarbeiter/innen meist um einen leitenden Professor oder eine Professorin. Zudem sind die Arbeitsverträge des wissenschaftlichen Personals meist befristet oder man arbeitet in Teilzeit.

In der Uniklinik Leipzig haben JAV und ver.di tüchtig geackert, um die Azubis zu überzeugen, dass sie sich für ihre Interessen einsetzen müssen. Ihre Vergütung lag nach dem Haustarifvertrag deutlich unter den üblichen Regelungen. Robert Richter und seine Mitstreiter sind durch die Stationen und die Berufsschule gezogen, haben immer wieder Infos und Flugblätter verteilt. Am Streiktag haben sie etwa 200 Jugendliche aus der Schule mobilisieren können, mit vor der Klinik zu stehen.

Jugendarbeit lässt sich nicht in starre Strukturen und Grenzen zwängen. Die Jugendlichen wollen reden, sich austauschen, politisch diskutieren - ob beim Sommercamp, am Volleyballtag, in Gesprächsrunden, bei Konzerten. Sie wollen Ansprechpartner vor Ort, und da wird die ver.di-Jugend im Landesbezirk im nächsten Jahr intensiver arbeiten. Die ver.di-Jugend will in die Betriebe und Schulen, auch, um für die geplante Antirassismuskampagne zu mobilisieren.