OB Ude und Maria Jäger

So jemand wie Maria Jäger hätte eigentlich am 1. Mai auf die Welt kommen müssen. Das hätte gepasst zu ihrem Leben, das geprägt war vom Engagement für die Gewerkschaft. Es sind damals ein paar Tage später geworden: Am 26. Mai 1911 kam sie in Mainburg in Niederbayern auf die Welt; der Vater war Postbeamter, die Mutter Hausfrau.

Ein Himmel voller Arbeiter

Das Leben hat ihr nicht viel geboten, sagt sie selbst: Zwei große Kriege hat sie überlebt, Hunger, Leid und drei Herzinfarkte. Trotz guter Noten durfte sie nicht auf eine höhere Schule, weil das Geld dafür in einer Familie mit fünf Kindern fehlte. Mit 16 Jahren zog sie zum Arbeiten weg von zu Hause nach München.

1948 ging sie zur Schwabinger Post und schloss sich auch gleich der Postgewerkschaft an. 1969 wurde sie Mitglied der SPD. Sie machte den Mund auf - was die Vorgesetzten von einer Frau nicht gewohnt waren. Kurz nach dem Krieg zum Beispiel, als die Post den Frauen kündigte und zurückkehrende Soldaten einsetzte. Maria Jäger wandte sich erzürnt an ihren damaligen Chef: "Die ganzen Frauen gekündigt. Die haben doch durch den ganzen Dreck nach den Bombenangriffen alles zugestellt - und jetzt können's gehen?" Das hatte gesessen: Die Frauen durften bleiben, der Verantwortliche musste gehen. Und ihr Engagement wurde anerkannt: Maria Jäger wurde zum ersten weiblichen Personalrat gewählt.

Mit 65 Lebensjahren ging sie in Rente, war für die Gewerkschaft aber weiter aktiv. Bis ins hohe Alter hinein besuchte sie Geburtstags- und Gewerkschaftsjubilare - auch wenn die Geehrten meist viel jünger waren als die Gratulantin. Erst mit 95 Jahren gab sie ihre Funktionen auf, weil die Beine die Strapazen nicht mehr mitmachten. Aber sie verfolgt nach wie vor, was sich in ihrer Gewerkschaft und in ihrer Partei tut. Die Zeitung zu lesen, gehört bis heute zu ihrem Tagesablauf. Zum 100. wurde gefeiert - mit der Tochter, zwei Enkeln, sechs Urenkeln und im Kollegenkreis im Gewerkschaftshaus. Auch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude schaute vorbei. Wie sie es geschafft hat, so alt und trotzdem geistig fit zu sein? "Ich glaub', von oben runter krieg ich auch eine Hilfe, da sind auch lauter Arbeiter droben." Ernst Edhofer