Djerba ist eine Oase auf dem Meer und ein sanfter Einstieg in die arabische Welt

Die Wüstenrose blüht wieder - und auch der Gewürzhandel

514 Quadratkilometer, flach, umsäumt von weiten Stränden, gemäßigtes Klima und 320 Sonnentage im Jahr - Djerba, das Eiland im Süden Tunesiens ist das ideale Bade-Reiseziel für lichtbedürftige Nord- und Mitteleuropäer. Doch die fürchten diesen Sommer die Unwägbarkeiten der tunesischen Revolution.

"Auf die Dauer wird unser Tourismus von der Revolution profitieren", gibt sich der Reiseveranstalter Chekib Chahbani beim Gespräch im gut ausgelasteten Strandhotel Sentido Djerba Beach zuversichtlich. Sein Optimismus entspricht dem momentanen Lebensgefühl in ganz Tunesien, dem "Es geht trotz alledem voran" und "Es ist machbar". Doch die Reisegeschäfte im nachrevolutionären Tunesien laufen schlecht. Der tunesischen Tourismusbranche steht das schlimmste Jahr seit ihren Anfängen in den 50er-Jahren bevor.

Rabatte helfen nicht nur

"Der deutsche Markt ist um ungefähr 40 Prozent eingebrochen, mit leichter Tendenz nach oben, dank attraktiver Angebote", weiß Alexander Wrede, Hoteleinkäufer von Thomas Cook, der gerade auf Djerba unterwegs ist. Thomas Cook machen die Unruhen in Nordafrika und dem Nahen Osten schwer zu schaffen. "Die Belastungen fielen deutlich höher aus als zuvor geschätzt", sagt Wrede. Selbst die Franzosen wollen sich für die sonst beliebten Reisen nach Tunesien und Marokko noch nicht wieder richtig begeistern. Auch der Großveranstalter TUI bietet kurzfristige Preisabschläge von bis zu einem Drittel. "Aber die Rabattaktionen sind kein Allheilmittel", weiß Wrede.

Dabei ist Djerba gerade jetzt eine Reise wert. Trotz aller Schwierigkeiten des politischen und gesellschaftlichen Umbruchs, trotz hoher Arbeitslosigkeit herrscht Aufbruchstimmung und eine neue Offenheit. Ob in den Läden der Schmuckhändler von Houmt Souk, der quirligen Inselhauptstadt, dem jüdischen Viertel, bei den Lederverkäufern in den engen Altstadt-Gassen oder an den Secondhand-Marktständen am freitäglichen Libyer-Markt - überall weht die rot-weiße tunesische Flagge als selbstbewusstes Symbol des Aufbruchs. Und überall spricht man über die Hoffnung auf eine gerechtere, demokratischere Zukunft. Auch im Tourismus hofft man auf eine vielseitigere Entwicklung jenseits vom pauschalen Strandurlaub.

Nicht wenige der vom Süden Tunesiens auf die italienische Insel Lampedusa flüchtenden Tunesier waren im Tourismus beschäftigt. Saisonarbeiter, die bei den anhaltend schlechten Geschäften von heute auf morgen auf die Straße gesetzt werden und ohnehin schon immer von einem lohnenswerten Einkommen träumten; der Mindestlohn beträgt in Tunesien 130 Euro im Monat. In einigen Hotels streikten zu Saisonbeginn die Mitarbeiter noch ganz im Elan des Umbruchs und mit neuem Selbstbewusstsein für eine bessere Absicherung und höhere Löhne. "Wir sind uns des Problems des Billigtourismus bewusst", sagt Mohamed Essayem vom nationalen Tourismusbüro auf Djerba. Vom Pauschaltourismus hätten bisher ungefähr 400.000 direkt und indirekt Beschäftigte, die Mehrzahl Saisonarbeiter, eher schlecht als recht gelebt.

In den alten Lagerhäusern von Houmt Souk, in denen früher Waren aufbewahrt und Kamele gefüttert wurden, sind heute große Läden mit lokaler Handwerkskunst und kleine idyllische Hotels untergebracht. Hier haben sich Georg und Katrin, Studierende aus Heidelberg, einquartiert. Katrin hat am Fischmarkt einen Fisch ersteigert, den sie gleich im daneben liegenden Restaurant braten lässt. "Wir sind das erste Mal hier", erzählt sie. "Nach der Revolution sind wir neugierig geworden und fahren nun auf eigene Faust durch den Süden." Djerba erobern sie trotz Hitze mit dem Rad. Sie schwärmen von den Tonkrügen am Hafen, mit denen der Tintenfisch gefangen wird, und vor allem davon, dass "alle so offen sind".

Ein Gesicht der Revolution

Anan Turki hat einen kleinen Kiosk direkt am Zentralmarkt. Er ist wie sein Vater Destillateur von Blumendüften, die er selbst zubereitet. Rosenwasser verfeinert den Kaffee oder das Gebäck, Orangenblütenwasser ist gut für den Obstsalat oder zum Parfümieren der Hände. Jasmin empfiehlt Anan Turki nach Verlassen des Bades, gemahlenen Baroukstein für eine Gesichtsmaske. "Die Revolution hat auf jeden Fall weltweit ein positives Bild von unserem Land verbreitet", sagt er zwischen all seinen Auslagen stehend. Und hofft, dass Handwerker wie er bald mehr als bisher von den Touristen profitieren werden.