Nomaden bauten die Speicher, jetzt sollen Touristen sie füllen

Nomaden bauten die Speicher, jetzt sollen Touristen sie füllen

Abseits der ausgetretenen Pfade ist es für Reisende in Tunesien schwer, irgendwo anzukommen, ein Hotel oder ein ansprechendes Restaurant zu finden. Der tunesische Tourismus ist ein Großtourismus, der das Land im klimatisierten Großbus erobert, mit wenig individuellen Gestaltungsspielräumen. Die "Assoziation für einen nachhaltigen Tourismus" (Association pour le Développement durable) mit Sitz in der Provinzhauptstadt Medenine versucht im entwicklungsschwachen, aber landschaftlich überaus reizvollen südtunesischen Dahar-Gebirge, neue touristische Wege zu gehen. Landestypische, einfache Unterkünfte und Wanderrouten sollen neue Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen.

"Inzwischen gibt es drei Wander-Rundgänge durch die Dahar-Berge, die im Frühjahr und Herbst bislang hauptsächlich von französischen und kanadischen Wandergruppen besucht werden", sagt Abdelhamid Zammouri, der Präsident der Assoziation. Die Dörfer des Dahar-Gebirges - ein Ausläufer des Atlas - zählen zu den schönsten Dörfern Tunesiens. Und drumherum: Unendliche Stille, Wüste, Palmen, Wadis und schroffe Berge, auf denen hoch oben die diese südtunesische Region zeichnenden Speicherburgen thronen, die Ksour (Einzahl Ksar). Mehr als 36 Ksour sind es, drei davon sind inzwischen restauriert. Sie dienten einst den immer weiterziehenden Nomaden als befestigtes Vorratslager. Jede Nomadenfamile besaß eine oder mehrere kleine Speicherzellen.

"Der Ksar Zammour soll ein touristischer Anlaufpunkt werden mit Restaurants, Aufenthaltsraum und Übernachtungsmöglichkeiten", sagt Zammouri beim Besuch der Speicherburg, wo gerade Strom in die fensterlosen, buckligen Bauten gelegt wird. Auch regionale Produkte wie Trockenfeigen, Oliven, Honig, Aroma- und Medizinpflanzen sollen hier vermarktet werden. Im Ksar Hallouf, einer Oase auf der inzwischen ausgeschilderten "Route der Ksour", werden in den fensterlosen Höhlenwohnungen schon köstliches Cous-Cous, Slata Mechouia (gegrillter Salat) und die Teigtasche Brique serviert.

50 Prozent der Arbeitssuchenden sind Frauen

Im Zentrum der kleinen Stadt Beni Khadeche hat die Assoziation zusammen mit der Provinzregierung, Gewerkschaften und einem kanadischen Reiseunternehmer ein Zentrum für das lokale Kunsthandwerk errichtet. Dort, gleich neben der weißen Moschee mit Blick über die Wüstenlandschaft, werden in kleinen Ateliers traditionelle Schuhe, grobe und feine Webarbeiten, traditioneller Schmuck, Holz- und Lederarbeiten gefertigt. "50 Prozent der Arbeitssuchenden in unserer Region sind Frauen. Mit den Ateliers wollen wir die traditionellen Fertigkeiten erhalten und Männer und Frauen darin schulen", sagt Anzima Abbes, die in der Hauptstadt Tunis Tourismus studiert hat und nun das Handwerkszentrum verwaltet.

"Ich weiß, dass die Deutschen die Natur lieben, das Authentische", sagt Sadok Dababi, der Generalsekretär der Assoziation im klimatisierten Büro des Zentrums. Und fügt hinzu: "Der politische Wandel in Tunesien ist gut für uns. Mit der neuen Politik wird das vernachlässigte Landesinnere - so hoffen wir - mehr Bedeutung bekommen." ek

Von Djerba ist die "Route der Ksour" mit einem zweitägigen Ausflug im Mietwagen leicht zu machen.